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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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Mediz<strong>in</strong> 487<br />

das Medikament, wobei es von <strong>der</strong> Ware-Geld-Beziehung her gesehen<br />

gleichgültig ist, ob bei <strong>der</strong> Konsumtion dieser Waren <strong>der</strong><br />

Erfolg „Gesundheit" sich e<strong>in</strong>stellt. Genausowenig wie etwa „blendend<br />

weiße Zähne" e<strong>in</strong>e Ware s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n die Zahnpasta.<br />

Die Grundlage dessen, was er als Klassenmediz<strong>in</strong> darstellt, sieht<br />

<strong>der</strong> Autor <strong>in</strong> dem „Vertrauensverhältnis Arzt-Patient", bezeichnet<br />

als „Mythos", den er folglich <strong>in</strong>s Zentrum se<strong>in</strong>er Kritik stellt. Arzt<br />

und Patient bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>dimensionalen Subjekt-Objekt-<br />

Beziehung, wobei „<strong>der</strong>" Arzt das Subjekt ist, das aber se<strong>in</strong>erseits<br />

wie<strong>der</strong>um als „Marionette" (37) an <strong>der</strong> Strippe <strong>der</strong> „herrschenden<br />

Gruppen" hängt. „Der" Arzt, e<strong>in</strong> „bloßer, <strong>in</strong> den Profitmechanismus<br />

e<strong>in</strong>gebauter Hampelmann" (72), bedient sich dabei aufgrund se<strong>in</strong>es<br />

„falschen Bewußtse<strong>in</strong>s", das e<strong>in</strong>e „Erf<strong>in</strong>dung(l) <strong>der</strong> Machthaber" (16)<br />

ist, patriarchalischer o<strong>der</strong> technisch-bürokratischer „Mythen" zum<br />

Zweck, „den Kranken <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zustand von M<strong>in</strong><strong>der</strong>wertigkeit,<br />

Unterordnung und Abhängigkeit ihm und <strong>der</strong> Macht gegenüber (zu)<br />

halten, die er vertritt." (17) Das passiv-leidende Nur-Objekt wird<br />

wahllos als Patient, Kranker, Proletariat, Klasse o<strong>der</strong> „die unterdrückte<br />

Klasse" bezeichnet, es steht „als ,Produkt' <strong>für</strong> den Konsumbereich<br />

<strong>der</strong> Krankheiten bereit", ist „Mensch-Kranker-Produkt" (34).<br />

Es versteht sich, daß <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen, praktisch wi<strong>der</strong>spruchsfreien<br />

Subjekt-Objekt-Beziehung ke<strong>in</strong> überw<strong>in</strong>dendes, negierendes Element<br />

ausgemacht werden kann.<br />

Für die Arbeiterklasse sieht er allenfalls — durchaus im Rahmen<br />

ihrer Objekt-Situation — die Möglichkeit, im Konsumbereich „Medikamente<br />

als (e<strong>in</strong>es) Produkt(s) des Kapitalismus" (116) gezielt zu verweigern,<br />

was noch nicht e<strong>in</strong>mal aus dem Rahmen marktkonformer<br />

Verbraucheraufklärung fallen würde.<br />

Da also <strong>der</strong> Wille <strong>der</strong> Herrschenden letztlich das e<strong>in</strong>zige bei Gaglio<br />

auff<strong>in</strong>dbare historische Subjekt ist, muß von, diesem auch die Verän<strong>der</strong>ung<br />

ausgehen. Dieser Logik unbewußt sich beugend än<strong>der</strong>t er<br />

se<strong>in</strong>e vorher geäußerte Ansicht, <strong>der</strong> Arzt könne „nur (!) auf <strong>der</strong> Seite<br />

<strong>der</strong> Herrschenden stehen" (19), <strong>der</strong>en „Delegierter" (8) er sei, dah<strong>in</strong>gehend,<br />

daß er ihn nun zum Bestandteil dieser Herrschenden erklärt<br />

(vgl. 115). Um nun die revolutionäre Umwälzung <strong>in</strong> se<strong>in</strong> determ<strong>in</strong>istisches<br />

Gesellschaftsschema e<strong>in</strong>zubauen, hat er im „Kommunistischen<br />

Manifest" e<strong>in</strong>e Stelle ausf<strong>in</strong>dig gemacht, <strong>in</strong> <strong>der</strong> es — wenn<br />

auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em völlig an<strong>der</strong>en Zusammenhang — heißt, daß bei <strong>der</strong><br />

Zuspitzung von <strong>Klassenkämpfe</strong>n sich „e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Teil <strong>der</strong> herrschenden<br />

Klasse von ihr trennt und <strong>der</strong> revolutionären Klasse anschließt"<br />

(133). Dazu werden die <strong>kritische</strong>n Ärzte aufgerufen. Nach dem<br />

Muster, das sich dem Leser als e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation von Guevarascher<br />

Guerillataktik (121) und ch<strong>in</strong>esischer Kulturrevolution (126 f.) darstellt,<br />

haben die Ärzte als „e<strong>in</strong>e Art subtiler Guerilla" (122) dah<strong>in</strong> zu<br />

gehen, wo „sie mit ihren Augen sehen und mit ihren Händen fühlen,<br />

wo das Blut <strong>der</strong> Klasse fließt." (131) Wenn e<strong>in</strong>gangs zu lesen steht:<br />

„Nur wenn man (!) auf Massenebene e<strong>in</strong>e Bewußtse<strong>in</strong>sbildung herbeiführt,<br />

än<strong>der</strong>t sich <strong>der</strong> Charakter zwischen Arzt und Kranken. Die

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