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Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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§52 Aufsichtsrat<br />

sungsrechtliche Mitbestimmung und unternehmensbezogene Mitbestimmung).<br />

Ein Stimmrechtsausschluss besteht erstens für alle arbeitskampf- oder tarifpolitischen<br />

Entscheidungen im Aufsichtsrat 1 . Verhindert wird durch den Stimmrechtsausschluss,<br />

dass die tarifpolitischen Arbeitnehmerinteressen bereits die<br />

interne Willensbildung der Arbeitgeber-Tarifpartei beeinflussen. Andernfalls<br />

würden sich die tarifrechtlichen und die gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten<br />

der Arbeitnehmer potenzieren und damit das Gleichgewicht des Tarifsystems<br />

gefährden. Die Gegnerunabhängigkeit wäre nicht mehr gewahrt.<br />

Der Stimmrechtsausschluss ergibt sich zweitens bei gleichzeitiger konkurrierender<br />

betriebsverfassungsrechtlicher Zuständigkeit 2 . In diesen Fällen geht die<br />

Betriebsverfassung als das speziellere Mitbestimmungsverfahren der unternehmensbezogenen<br />

Mitbestimmung vor.<br />

Ein Stimmrechtsausschluss besteht drittens, wenn ein Arbeitnehmervertreter<br />

sich aktiv am Aufruf und an der Durchführung des Streiks beteiligt. Damit<br />

verletzt der Arbeitnehmervertreter seine Pflicht zur Zurückhaltung und zur<br />

Loyalität gegenüber der Gesellschaft.<br />

Diesen Ausnahmen, die einen Stimmrechtsausschluss begründen, wird entgegengehalten,<br />

ihnen stehe die einheitliche und fortdauernde Verpflichtung aller<br />

Aufsichtsratsmitglieder auf das Unternehmensinteresse und der Grundsatz der<br />

Gleichheit aller Aufsichtsratsmitglieder entgegen. Trotz der Verpflichtung auf<br />

das Unternehmensinteresse besteht aber doch kein Zweifel an der entsprechenden<br />

Anwendung von § 34 BGB, § 47 Abs. 4. Dieser Stimmrechtsausschluss wäre<br />

nicht gerechtfertigt, wenn man davon ausginge, dass das Aufsichtsratsmitglied<br />

die Interessen der Gesellschaft allein berücksichtigen würde. Davon kann<br />

man aber nicht ausgehen. Zwar besteht auch im Arbeitskampf die Pflichtenbindung<br />

für die Arbeitnehmervertreter uneingeschränkt fort 3 . Die Arbeitnehmervertreter<br />

sind von der Teilnahme an den Aufsichtsratssitzungen auch dann<br />

1 Ebenso: Hanau, ZGR 1977, 402 (für Aufsichtsrat nach MitbestG); Hanau, ZGR 1979,<br />

541; <strong>Scholz</strong>, Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, 1974, S. 66, 72; Wiedemann,<br />

Gesellschaftsrecht, Bd. 1, S. 634; Wiedemann, JZ 1970, 594, 602; Brinkmann,<br />

Unternehmensinteresse und Unternehmensstruktur, 1983, S. 290; v. Eynern, in: FS<br />

Arndt, 1976, S. 36, 49; Seiter, in: FS G. Müller, 1981, S. 589, 602; auch schon Uwe H.<br />

Schneider, in: GK-MitbestG, § 29 Rdnr. 28; ähnlich: Martens, ZGR 1977, 422, 429:<br />

Während des Arbeitskampfes entfalle jede Beteiligung der Arbeitnehmervertreter an<br />

Entscheidungen über Kampfmaßnahmen; im Übrigen sei die allgemeine Tarifpolitik<br />

einem „verlässlichen“ Vorstandsmitglied (Geschäftsführer) zuzuweisen; a.A. Ulmer/<br />

Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 26 MitbestG<br />

Rdnr. 29: Gefahr der Fraktionenbildung; Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 25 Rdnr. 53;<br />

Mertens, AG 1977, 311; zum Ganzen Matthießen, Stimmrecht und Interessenkollision<br />

im Aufsichtsrat, 1989, S. 417 ff.<br />

2 Hanau, ZGR 1977, 408; Hanau, ZGR 1979, 542; Säcker, DB 1977, 1794; <strong>Scholz</strong>, Paritätische<br />

Mitbestimmung und Grundgesetz, 1974, S. 72; auch schon Uwe H. Schneider,<br />

in: GK-MitbestG, § 29 Rdnr. 31.<br />

3 H.M.: Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 25 MitbestG Rdnr. 116; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler,<br />

Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 97 f.; Hoffmann/<br />

Lehmann/Weinmann, § 25 MitbestG Rdnr. 134; a.A.: Zachert, MitbestGespr. 1976,<br />

252; zur Streikbeteiligung s. Rdnr. 514.<br />

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Uwe H. Schneider

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