Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§64 Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung<br />
sellschaftern der offenen Handelsgesellschaft eine andere offene Handelsgesellschaft<br />
oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter<br />
eine natürliche Person ist. Antragspflichtig sind die organschaftlichen Vertreter der<br />
zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter und die Liquidatoren.<br />
Der Antrag ist ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt<br />
der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft, zu stellen.<br />
(2) ...<br />
(3) ...<br />
(4) ...<br />
Die Neufassung des § 130a Abs. 1–3 HGB (Rdnr. 4) entspricht im Wesentlichen<br />
den Absätzen 2–4 des § 130a HGB a.F. Neu ist, wie Satz 3 des § 64, der § 130a<br />
Abs. 1 Satz 3 HGB n.F. über Zahlungen an Gesellschafter, die zur Zahlungsunfähigkeit<br />
führen mussten (dazu Rdnr. 64 ff.).<br />
3. Normzweck und Normstruktur<br />
a) Der allgemeine Normzweck des § 64 (bzw. § 130a HGB) zielt auf Gläubigerschutz<br />
1 . Die Bestimmung dient, nicht anders als § 15a InsO, dem Schutz der<br />
Altgläubiger wie der Neugläubiger gegen Insolvenzverschleppungsschäden, die<br />
sie durch Schmälerung des Gesellschaftsvermögens, also der potentiellen Insolvenzmasse<br />
(§ 35 InsO) erleiden 2 . Einer Gegenansicht, wonach das „Zahlungsverbot“<br />
– insofern vergleichbar mit § 43 – die Gläubiger nur mittelbar, unmittelbar<br />
dagegen das Gesellschaftsvermögen schützt (Rdnr. 11) 3 , wird hier nicht gefolgt.<br />
Sie ist nicht vom Schutzzweck des § 64 (bzw. § 130a HGB) geleitet, sondern von<br />
dem Versuch, die in § 64 artikulierte Rechtsfolge (Erstattungsanspruch der Gesellschaft)<br />
zu erklären. In der Tat ist aus § 64 und noch deutlicher aus § 130a<br />
HGB herzuleiten, dass der Gesellschaft ein Anspruch auf Ersatz des Verschleppungsschadens<br />
der Gläubigergesamtheit zusteht (Anh. § 64 Rdnr. 65 ff.). Aber<br />
Schutzsubjekte sind doch nur die Gläubiger 4 . Nach einer weiteren Gegenansicht<br />
wird durch die gesetzlichen Zahlungsverbote die Gläubigergleichbehandlung gesichert<br />
5 . § 64 bzw. § 130a HGB sei die Sanktion für die Vorwegbefriedigung<br />
eines Gläubigers. Doch ist diese Auffassung abzulehnen. Nach ihr müsste die<br />
gegen § 64 verstoßende Zahlung ein Sonderfall eines Anfechtungstatbestands<br />
sein, und es wäre unbegreiflich, warum nicht der Empfänger der Zahlung, sondern<br />
der für die Zahlung verantwortliche Geschäftsführer das Geleistete nach<br />
§ 64 herausrücken soll 6 . Missverständlich ist deshalb auch die vom BGH ver-<br />
1 BGHZ 143, 184, 186 = NJW 2000, 668 = ZIP 2000, 184, 185; BGH, GmbHR 2009, 654 =<br />
ZIP 2009, 860.<br />
2 Casper, in: Ulmer, Rdnr. 77; Bitter, WM 2001, 666, 670 ff.; im Ergebnis ähnlich auch<br />
Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 32.<br />
3 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, 5. Aufl., Rdnr. 94 ff. (nicht mehr so deutlich in der<br />
6. Aufl., Rdnr. 26); Altmeppen/Wilhelm, NJW 1999, 673, 678; Altmeppen, ZIP 2001,<br />
2201, 2205 f., 2211.<br />
4 Insofern wie hier auch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 32.<br />
5 Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 78; Schulze-Osterloh, in: FS Bezzenberger,<br />
2001, S. 415 ff., 423; Goette, in: FS Kreft, S. 53, 58 f. = ZInsO 2005, 1, 3.<br />
6 So auch Bitter, WM 2001, 666, 669 in Fn. 34; Karsten <strong>Schmidt</strong>, in: Karsten <strong>Schmidt</strong>/<br />
Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rdnr. 11.34; dagegen aber<br />
Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 78.<br />
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Karsten <strong>Schmidt</strong>