Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel Nachtrag MoMiG § 16<br />
des Gutglaubensschutzes auf Belastungen führt nämlich dazu, dass ein Erwerber<br />
von Geschäftsanteilen auch nach neuer Rechtslage riskiert, dass diese mit<br />
Pfandrechten oder Nießbrauchrechten belastet und deshalb in ihrem Wert gemindert<br />
oder gar aufgehoben sind. Daher wird der Erwerber auch nach der Einführung<br />
des gutgläubigen Rechtserwerbs in der Regel daran interessiert sein, im<br />
Rahmen einer sorgfältigen Due Diligence zu überprüfen und sich dann im<br />
Kausalgeschäft im Wege eines selbstständigen Garantieversprechens zusichern<br />
zu lassen, dass die Geschäftsanteile nicht belastet sind. Hierdurch werden<br />
Übertragungen sämtlicher Geschäftsanteile (und zwar auch unbelasteter Geschäftsanteile)<br />
mit Zeitaufwand und Kosten belastet, was die mit der Einführung<br />
von § 16 Abs. 3 bezweckte Entlastung von Zeitaufwand und Transaktionskosten<br />
zu nicht unerheblichem Teil frustriert, und zwar eingedenk der Tatsache,<br />
dass solche Belastungen auch umfangreiche Erwerbsketten überdauern<br />
können 1 . Ein Gutglaubensschutz in Bezug auf Belastungen passte sich auch<br />
systematisch in das deutsche Gutglaubensrecht ein, das sowohl für Liegenschaften<br />
(§ 892 Abs. 1 Satz 1 BGB) als auch in Bezug auf bewegliche Sachen<br />
(§ 936 BGB) einen gutgläubigen lastenfreien Erwerb vorsieht; dementsprechend<br />
ist auch bei Inhaberaktien nach §§ 932 ff., 936 BGB ein gutgläubiger lastenfreier<br />
Erwerb gegenüber Nießbrauchsrechten und Pfandrechten möglich 2 . Die Gesellschafterliste<br />
als Rechtsscheintatbestand eignet sich auch für die Eintragung von<br />
Belastungen und sollte in Anlehnung an das Grundbuch in zwei Abteilungen<br />
untergliedert sein, wobei in der ersten Abteilung die jetzt in § 40 Abs. 1 Satz 1<br />
normierten Angaben enthalten und für jedermann frei einsehbar und in der<br />
zweiten Abteilung die Belastungen aufgenommen wären; die zweite Abteilung<br />
könnte wie das Grundbuch (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 GBO) nur von Personen<br />
eingesehen werden dürfen, die ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme<br />
haben. Damit könnten auch die Geheimhaltungsinteressen der an der Einräumung<br />
von Belastungen beteiligten Parteien und insbesondere dem Praxisinteresse<br />
an Fortführung stiller Verpfändungen Rechnung getragen werden 3 . Wegen<br />
der Beurkundungspflichtigkeit der Bestellung von Pfand- und Nießbrauchsrechten<br />
könnte die verfahrensrechtliche Konzeption des § 16 Abs. 3 beibehalten<br />
werden. Dabei erstreckte sich der einzuführende Gutglaubensschutz alleine auf<br />
die negative Publizität der Gesellschafterliste in Bezug auf Belastungen; eine<br />
positive Publizität der Gesellschafterliste ist nicht zu normieren 4 .<br />
2009, 169, 174; Rau, DStR 2006, 1892, 1899; Wulfetange, BB-Spezial 7/2006, S. 19, 22;<br />
Ziemons, BB-Spezial 7/2006, 9, 13; Zöllner, in: Behrens/Hommelhoff/Joost, GmbH-Reform<br />
in der Diskussion, 2006, S. 175, 182 Fn. 17.<br />
1 Gleichsinnige Kritik bei Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 60; Wiersch, S. 202 f.;<br />
Harbarth, ZIP 2008, 57, 64; Klöckner, NZG 2008, 841, 844; Rau, DStR 2006, 1892,<br />
1899; Reichert, in: Bayer/Koch, Das neue GmbH-Recht, 2008, S. 29, 43; Wachter,<br />
ZNotP 2008, 378, 397.<br />
2 Vgl. Lutter/<strong>Dr</strong>ygala, in: KölnKomm. AktG, 3. Aufl. 2009, Anh. § 68 AktG Rdnr. 15 f.;<br />
Heider, in: MünchKomm. AktG, 3. Aufl. 2008, § 10 AktG Rdnr. 36. – Keinen gutgläubigen<br />
lastenfreien Erwerb gibt es hingegen bei Namensaktien (§ 68 Abs. 1 Satz 2 AktG,<br />
Art. 16 Abs. 2 WG); vgl. auch Haas/Oechsler, NZG 2006, 806, 812.<br />
3 Zu diesen Geheimhaltungsinteressen Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2007,<br />
211, 215; Harbarth, ZIP 2008, 57, 64; Wicke, Rdnr. 28.<br />
4 Ebenso Wiersch, S. 207 ff.; Reymann, WM 2008, 2095, 2103 ff.<br />
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