Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§64 Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung<br />
b) Auch außerhalb des Insolvenzverfahrens ist § 64 Satz 1, anders als § 92 InsO,<br />
anwendbar 1 . Der Anspruch kann dann im Namen der Gesellschaft von deren<br />
Vertreter (Geschäftsführer oder Liquidator als Nachfolger des Haftungsschuldners)<br />
geltend gemacht werden 2 . Der Anspruch ist pfändbar 3 . Er kann also –<br />
namentlich im Fall einer Insolvenzablehnung mangels Masse (§ 26 InsO) – von<br />
einem Gesellschaftsgläubiger gepfändet und diesem nach § 835 ZPO überwiesen<br />
werden 4 .<br />
c) Die Darlegungs- und Beweislast im Zivilprozess liegt, was die objektive Voraussetzung<br />
des § 64 Satz 1 anlangt, bei der Partei, die den Anspruch geltend<br />
macht 5 . Vom in Anspruch genommenen Geschäftsführer darzulegen und zu<br />
beweisen ist dagegen: der Ausnahmetatbestand der erlaubten Zahlung nach<br />
§ 64 Satz 2 (vgl. Rdnr. 38), die Exkulpation (Rdnr. 47) sowie die Behauptung,<br />
dass der Insolvenzverschleppungsschaden geringer ist als die Summe der unter<br />
§ 64 Satz 1 fallenden Zahlungen (Rdnr. 57).<br />
d) Verzicht und Vergleich: aa) Grundsatz: Verzicht und Vergleich der Gesellschaft<br />
hinsichtlich des Ersatzanspruchs sind, wie aus den entsprechend anwendbaren<br />
§§ 43 Abs. 3, 9b Abs. 1 folgt, insoweit unwirksam, als der Ersatz zur<br />
Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist (§ 64 Satz 4). Das ergibt sich im Gegensatz<br />
zu § 43 im Grunde von selbst, denn es geht zwar um einen Anspruch<br />
der Gesellschaft, jedoch um Schadensersatz für die Gläubiger, nicht für die<br />
Gesellschaft (vgl. auch Rdnr. 6). Das Vergleichsverbot gilt allerdings nicht,<br />
wenn der Vergleich Bestandteil eines Insolvenzplans der Gesellschaft ist oder<br />
wenn mit einem seinerseits insolventen Haftungsschuldner ein Vergleich zur<br />
Abwendung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen wird (§ 9b Abs. 1 Satz 2).<br />
Die durch § 64 Satz 4 nur exemplarisch in Bezug genommenen Regeln gelten<br />
nicht nur für § 64, sondern für den ganzen Anspruch der Gesellschaft auf Liquidation<br />
des Gesamtgläubigerschadens durch Auffüllung des Gesellschaftsvermögens<br />
(dazu Anh. § 64 Rdnr. 65 ff.). Sie gelten aber nur für den Ersatz des Gesamtschadens,<br />
nicht für die Individualschadensansprüche einzelner Gläubiger.<br />
Diese können wegen des den Gesamtschaden übersteigenden Individualschadens<br />
(Anh. § 64 Rdnr. 68) auf den Ersatz verzichten. Der Schadensersatz wegen<br />
Insolvenzverschleppung gebührt dagegen allen Gläubigern. Auch der Insolvenzverwalter<br />
darf nicht auf den Anspruch verzichten 6 , es sei denn, alle Gläubiger<br />
stimmten zu (ein theoretischer Fall!).<br />
bb) Zulässige Vergleiche: Das Verzichts- und Vergleichsverbot gilt nicht, wenn<br />
der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insol-<br />
1 Richtig Poertzgen, Organhaftung, S. 220; a.M. BGH, NJW 2001, 304, 305 = ZIP 2000,<br />
1896; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 16; Schulze-Osterloh, in: Baumbach/<br />
Hueck, Rdnr. 82; Nerlich, in: Michalski, Rdnr. 47.<br />
2 Poertzgen, Organhaftung, S. 220 Fn. 31.<br />
3 BGH, NJW 2001, 304, 305 = GmbHR 2000, 1149, 1150 = ZIP 2000, 1896, 1897 f.; Kleindiek,<br />
in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 17; Karsten <strong>Schmidt</strong>, GmbHR 2000, 1225 ff.<br />
4 BGH, NJW 2001, 304, 305; Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 82; Casper,<br />
in: Ulmer, Rdnr. 95.<br />
5 BGHZ 163, 134, 145 = GmbHR 2005, 1117, 1121 = ZIP 2005, 1426, 1430.<br />
6 Ausführlich noch 8. Aufl., Rdnr. 43; a.M. noch <strong>Scholz</strong> in der 5. Aufl., Rdnr. <strong>10.</strong><br />
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Karsten <strong>Schmidt</strong>