Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§52 Aufsichtsrat<br />
die Schweigepflicht auch nicht gegenüber der Belegschaft, dem Betriebsrat oder<br />
den Gewerkschaften gelockert 1 . Zur Weitergabe von geheimen und geheimhaltungsbedürftigen<br />
Informationen an den Betriebsrat sind nur die Geschäftsführer<br />
berechtigt 2 . Dagegen besteht keine Pflicht zur Verschwiegenheit gegenüber den<br />
Geschäftsführern und den Gesellschaftern 3 . Dies folgt aus § 51a, vor allem aber<br />
aus dem Erfordernis, die Zusammenarbeit zwischen den Gesellschaftsorganen<br />
zu ermöglichen. Dies verlangt völlige Offenheit, und zwar auch über die Entscheidungsprozesse<br />
im Aufsichtsrat 4 .<br />
Verlangt die Vor- oder Nachbereitung der Aufsichtsratstätigkeit die Einschaltung<br />
<strong>Dr</strong>itter, z.B. von Rechtsberatern, Wirtschaftsprüfern usw., so kann dies<br />
eine Offenlegung rechtfertigen. Das Aufsichtsratsmitglied muss solche <strong>Dr</strong>itte<br />
aber sorgfältig auswählen und sie auf die Verschwiegenheit verpflichten. Für<br />
den Bruch der Verschwiegenheit <strong>Dr</strong>itter muss das Aufsichtsratsmitglied indessen<br />
nur bei schuldhaft fehlerhafter Auswahl einstehen 5 .<br />
Offengelegt werden dürfen durch ein Aufsichtsratsmitglied geheime und geheimhaltungsbedürftige<br />
Informationen gegenüber <strong>Dr</strong>itten, die ein Recht zur<br />
Entsendung eines Aufsichtsratsmitglieds haben (s. dazu Rdnr. 222), gegenüber<br />
Sachverständigen (s. Rdnr. 154) und gegenüber <strong>Dr</strong>itten, etwa Behörden, wenn<br />
dies die einzige und letzte Möglichkeit ist, eine schwerwiegende Rechtsverletzung<br />
durch die Gesellschaft abzuwenden. Auch im zuletzt genannten Fall muss<br />
sich ein Aufsichtsratsmitglied aber zunächst an die Gesellschafter wenden.<br />
Vertraulich zu behandeln sind solche Tatsachen, die nicht allgemein bekannt<br />
sind und für die ein Geheimhaltungsbedürfnis besteht. Maßstab für das Geheimhaltungsbedürfnis<br />
ist das objektive Interesse der Gesellschaft 6 . Welche<br />
Vorgänge vertraulich zu behandeln sind, muss daher das einzelne Aufsichtsratsmitglied<br />
nach objektiven Kriterien selbstverantwortlich entscheiden. Es hat<br />
hierbei kein Ermessen 7 . Erklärungen der Geschäftsführer oder Beschlüsse des<br />
Aufsichtsrats im Einzelfall sind nur ein Indiz für die Geheimhaltungsbedürfig-<br />
1 Lutter, BB 1980, 291; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl., § 15<br />
Rdnr. 106; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl., Rdnr. 915;<br />
Roschmann/Frey, BB 1996, 449; Edenfeld/Neufang, AG 1999, 52; a.A.: Kittner, ZHR<br />
136 (1972), 208; Pfarr, MitbestGespr. 1976, 51; <strong>Schmidt</strong>/Zachert, MitbestGespr. 1979,<br />
227; Nagel, BB 1979, 1803.<br />
2 Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., Rdnr. 502 ff.; Potthoff/Trescher/Theisen,<br />
Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl., Rdnr. 915; a.A. Köstler/Zachert/Müller,<br />
Aufsichtsratspraxis, 8. Aufl., Rdnr. 554.<br />
3 A.A.: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 65; wie hier: Raiser/Heermann, in:<br />
Ulmer, Rdnr. 143; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 17; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied,<br />
6. Aufl., Rdnr. 914.<br />
4 A.A. insoweit: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 143.<br />
5 A.A. Marsch-Barner, in: Semler/v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder,<br />
2. Aufl., § 12 Rdnr. 47.<br />
6 BGHZ 64, 329.<br />
7 G. Hueck, RdA 1975, 39; Rittner, in: FS Hefermehl, 1976, S. 369; Lutter, Information<br />
und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., Rdnr. 442 ff.; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler,<br />
Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 104; Potthoff/<br />
Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl., Rdnr. 902; Flore, BB 1993, 133;<br />
a.A.: Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 116 Rdnr. 46; Kittner, ZHR 136 (1972), 240.<br />
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Uwe H. Schneider