Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§ 16 Nachtrag MoMiG Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel<br />
lung der betreffenden Geschäftsanteile anzustellen 1 . Zur Ermittlung der Gesellschafterstellung<br />
des Veräußerers wurde demnach regelmäßig das Schicksal der<br />
Geschäftsanteile über sämtliche Abtretungen, Vererbungen, Verschmelzungen,<br />
Spaltungen, Zusammenlegungen, Teilungen, Einziehungen und Kapitalerhöhungen<br />
bis zur Errichtung der betreffenden GmbH zurückverfolgt, um das Risiko<br />
einer fehlschlagenden Anteilsübertragung zu minimieren. Dabei war trotz<br />
eines ggf. hohen Prüfungsaufwands keine Sicherheit über die Inhaberschaft an<br />
den betreffenden Geschäftsanteilen zu erreichen, da in jedem Fall das Risiko<br />
verdeckter Zwischenübertragung oder die Möglichkeit bestand, dass eine<br />
scheinbar wirksame Anteilsübertragung – und infolgedessen auch alle späteren<br />
Anteilsübertragungen – unerkannt unwirksam war (z.B. Geschäftsunfähigkeit<br />
des Verfügenden, unerlaubte Zwischenverfügungen) 2 . Auch eine zumeist in den<br />
vertraglichen Regelungen zur Anteilsübertragung enthaltene Garantie des Veräußerers,<br />
dass diesem der veräußerte Geschäftsanteil auch tatsächlich zusteht 3 ,<br />
führte im Verletzungsfall nur zu Schadensersatzansprüchen, aber nicht zur Erlangung<br />
der an sich bestrebten Gesellschafterstellung, was insbesondere für<br />
strategisch ausgerichtete Investoren misslich ist 4 . Mit dem gutgläubigen Erwerb<br />
von Geschäftsanteilen lassen sich die Transaktionskosten und der Zeitaufwand<br />
bei Unternehmens- und Beteiligungskäufen, aber auch bei Finanzierungsgeschäften<br />
unter Einbeziehung von Geschäftsanteilen verringern und die Rechtssicherheit<br />
für den Erwerber oder Finanzierungspartner sowie für die Allgemeinheit<br />
erhöhen 5 . Dies sollte letztlich wirtschaftlich den GmbH-Gesellschaftern<br />
über höhere Verkaufspreise für Geschäftsanteile oder bessere Zinskonditionen<br />
bei Finanzierungsgeschäften zugute kommen.<br />
Im deutschen Recht gilt der Grundsatz, dass der gutgläubige Erwerb vom<br />
Nichtberechtigten einen Rechtsscheintatbestand voraussetzt, z.B. den Besitz<br />
bei beweglichen Sachen und den Grundbuchstand bei Rechten an Grundstücken.<br />
Der MoMiG-Gesetzgeber hat nach intensiver Diskussion in der Literatur<br />
eine gegenüber dem bisherigen Rechts- und Tatsachenstand aufgewertete Gesellschafterliste<br />
als Rechtscheinstatbestand normiert. Ein gutgläubiger Erwerb<br />
ist möglich, wenn der Nichtberechtigte zu Unrecht in der im Handelsregister<br />
aufgenommenen und damit öffentlichen Gesellschafterliste eingetragen ist und<br />
diese Unrichtigkeit entweder seit drei Jahren besteht oder – dann unabhängig<br />
vom Ablauf der <strong>Dr</strong>ei-Jahresfrist – dem Berechtigten zuzurechnen ist. Alternativvorschläge<br />
der Literatur umfassten u.a. (i) die Verbriefung von Geschäftsanteilen<br />
in Form von Orderpapieren mit dem Erfordernis eines notariell beurkundeten<br />
Indossaments 6 , (ii) die Ausgestaltung der Anteilsübertragung als zweiak-<br />
1 Vgl. Breitenstein/Meyding, BB 2006, 1457, 1459; Müller, GmbHR 2006, 953, 954. Zur<br />
Due Diligence und den dort üblichen Due Diligence-Anforderungslisten Seibt, in:<br />
Beck'sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, S. 54 ff.<br />
2 Vgl. Rau, DStR 2006, 1892; Schockenhoff/Höder, ZIP 2006, 1841, 1842.<br />
3 Zur Formularpraxis Schrader, in: Beck'sches Formularbuch Mergers & Acquisitions,<br />
S. 198, 267.<br />
4 Zutr. Flesner, NZG 2006, 641, 643.<br />
5 Vgl. BR-<strong>Dr</strong>ucks. 354/07, S. 87 = Begr. RegE zu § 16.<br />
6SoGehling, ZIP 2006, 685, 689; Ziemons, BB-Spezial 7/2006, 9, 13. – Gegen eine<br />
Verbriefung wurde insbesondere ein erhöhtes Fälschungsrisiko (Grunewald, ZIP 2006,<br />
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