Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§ 16 Nachtrag MoMiG Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel<br />
Sachverhaltsgruppen durch den Ablauf einer 3-Jahresfrist vor dem Erwerbszeitpunkt<br />
getrennt sind 1 : (1) Vor Ablauf der 3-Jahresfrist ist ein gutgläubiger Erwerb<br />
von Geschäftsanteilen oder Rechten daran nur möglich, wenn dem Berechtigten<br />
die Unrichtigkeit der Gesellschafterliste „zuzurechnen“ ist, was im Sinne<br />
des Veranlassungsprinzips eine Mitwirkung bestimmter Qualität voraussetzt<br />
(Rdnr. 103 ff.). (2) Demgegenüber beruht die Legitimation des Rechtsverlustes<br />
nach Ablauf der 3-Jahresfrist alleine auf dem Umstand eines über diese Zeitspanne<br />
veröffentlichten Rechtsscheinträgers (reines Rechtscheinsprinzip). Der<br />
materiell-rechtlich Berechtigte muss also mit Ablauf der 3-Jahresfrist einen vollständigen<br />
Rechtsverlust ungeachtet der Tatsache hinnehmen, ob sich zwischen<br />
der Unrichtigkeit der Listeneintragung und seiner Person ein wie auch immer<br />
gearteter Bezug herstellen lässt 2 . Dabei liegt der den Rechtsverlust legitimierende<br />
Umstand nicht darin, dass der Gesetzgeber der Gesellschafterliste zu Gunsten<br />
Gutgläubiger öffentlichen Glauben verliehen hat, sondern allein in der Rechtsmacht<br />
und faktischen Potentialität des Berechtigten, während der 3-Jahresfrist<br />
den Rechtschein der unrichtigen Gesellschafterliste zerstören zu können 3 . Der<br />
Gesetzgeber hat zu Recht die im Vergleich zum Grundbuch bestehende geringere<br />
Verlässlichkeit der Gesellschafterliste durch ein Erfordernis des Zeitablaufs<br />
als soweit ausgeglichen angesehen, dass der Verkehrsschutz mit diesem<br />
Fristablauf (und mit Ausnahme eines verschärften Gutglaubensmaßstabs<br />
(Rdnr. 84) dem des Grundbuchs entspricht. Denn Gesellschaftern einer GmbH<br />
ist abzuverlangen (i.S. einer Obliegenheit), während einer bestimmten Zeitspanne<br />
selbst dafür Sorge zu tragen, dass es zu einem Rechtsverlust nicht<br />
kommt; sie können das Risiko eines Rechtsverlustes beherrschen 4 . Bei der<br />
Dauer des Zeitablaufs, die ein Rechtsverlust ohne Veranlassung legitimieren<br />
kann, hat sich der Gesetzgeber an § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG orientiert. Sie war<br />
während des Gesetzgebungsverfahrens umstritten 5 ; die gewählte 3-Jahresfrist<br />
ist indes ein angemessener und verfassungsmäßiger Ausgleich zwischen den<br />
Rechtsbestandsinteressen des Berechtigten und den Verkehrsinteressen. – Die<br />
Formulierung von § 16 Abs. 3 Satz 2 mit ihrer doppelten Verneinung wurde<br />
deshalb vom Gesetzgeber gewählt, um anzuzeigen, dass es sich um eine Replik<br />
des materiellen Berechtigten gegen die Einwendung des Gutglaubenserwerbs<br />
handelt, für die der materiell Berechtigte die Darlegungs- und Beweislast trägt 6 .<br />
1 Apfelbaum, BB 2008, 2470; Götze/Bressler, NZG 2007, 894, 897 sprechen vom Ablauf<br />
der 3-Jahresfrist als „Wasserscheide“; Wachter, ZNotP 2008, 387, 395; Wiersch, S. 41 ff.<br />
2 Kritisch hierzu: Goette, Einführung in das neue GmbH-Recht, 2008, Einf. Rdnr. 76;<br />
Harbarth, ZIP 2001, 57, 61 f.; Preuss, ZGR 2008, 676, 701; Wicke, Rdnr. 28.<br />
3 Vgl. BR-<strong>Dr</strong>ucks. 354/07, S. 88 = Begr. RegE zu § 16; vgl. auch Preuss, ZGR 2008, 676,<br />
688 f.<br />
4 Vgl. Bohrer, DStR 2007, 995, 999 (mit Hinweis auf Institute des handelsrechtlichen<br />
Vertrauensschutzes); Wiersch, S. 46 spricht daher von einem „potentiellen Gefahrbeherrschungsprinzip“<br />
als Legitimationsbasis für den Rechtsverlust.<br />
5 Vgl. Haas/Oechsler, NZG 2006, 806, 812 (fraglich, ob „zu lang“); Heckschen, DStR 2007,<br />
1442, 1450; Rau, DStR 2006, 1892, 1897 f. (Ersetzung der 3-Jahresfrist durch 3-Monatsfrist<br />
nach Ablauf einer 3–5jährigen Übergangszeit); Schockenhoff/Höder, ZIP 2006, 1841,<br />
1847; Triebel/Otte, ZIP 2006, 1321, 1326 (alle zum BMJ-Referentenentwurf).<br />
6 Vossius, DB 2007, 2299, 2301; Hoffmann-Becking, Stellungnahme zur Anhörung des<br />
Rechtsausschusses am 23. 1. 2008 v. 16. 1. 2008, S. 3 (Formulierung rechtspolitisch<br />
unterstützend).<br />
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