Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§52 Aufsichtsrat<br />
Festlegungsberechtigte: Für die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten sind<br />
die Gesellschafter und der Aufsichtsrat zuständig. Die Festlegung durch die<br />
Gesellschafter erfolgt nach § 111 Abs. 4 Satz 2, 1. Alt. AktG durch Satzungsbeschluss,<br />
vgl. § 53 Abs. 1 und 2. Der Gesellschaftsvertrag kann hiervon jedoch<br />
abweichen und für die Einführung von Aufsichtsratsvorbehalten eine einfache<br />
Beschlussfassung vorsehen 1 . Das folgt aus der parallelen Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung<br />
für die Überwachung der Geschäftsführung nach § 46<br />
Nr. 6. Mit Blick auf dieses Nebeneinander von Gesellschafterversammlung und<br />
Aufsichtsrat im Blick auf die Geschäftsführungskontrolle ist es nicht einzusehen,<br />
weshalb die Gesellschafter Aufsichtsratsvorbehalte nur im Wege der Statutsänderung<br />
festlegen können sollen. Ein Überwachungsprivileg des Aufsichtsrats,<br />
das wie im Aktienrecht ein beschränktes Anordnungsrecht der Gesellschafter<br />
rechtfertigen könnte, besteht in der GmbH gerade nicht 2 . Das gilt<br />
nicht nur für die mitbestimmungsfreie, sondern auch für die mitbestimmte<br />
GmbH; denn an dem Überwachungsverhältnis zwischen Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung<br />
haben die Mitbestimmungsgesetze mithin nichts geändert.<br />
Die Gesellschafterversammlung ist daher berechtigt, ihrer Überwachungsfunktion<br />
dadurch gerecht zu werden, dass sie im Wege der einfachen<br />
Beschlussfassung nach § 47 Abs. 1 bestimmte Geschäfte bzw. Geschäftsarten<br />
der qualifizierten Aufsichtsratsüberwachung unterstellt.<br />
Die Festlegung von Zustimmungsvorbehalten durch den Aufsichtsrat erfolgt im<br />
Wege der Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit. Die Satzung kann für den<br />
fakultativen, nicht aber für den obligatorischen Aufsichtsrat eine höhere Mehrheit<br />
vorsehen 3 . Als Festlegungsort kommen die eigene Geschäftsordnung und<br />
diejenige der Geschäftsführer in Betracht. Zur Festlegung von Zustimmungsvorbehalten<br />
in der eigenen Geschäftsordnung kann sich der Aufsichtsrat auf<br />
sein Recht zur Selbstorganisation berufen 4 . Für den Erlass einer Geschäftsordnung<br />
für die Geschäftsführer ist dagegen die Gesellschafterversammlung kraft<br />
ihrer Allkompetenz zuständig 5 . Auch in der mitbestimmten GmbH setzt daher<br />
die Festschreibung von Zustimmungsvorbehalten in der Geschäftsordnung der<br />
Geschäftsführer eine entsprechende Ermächtigung des Aufsichtsrats durch die<br />
Gesellschafter voraus.<br />
In der Aktiengesellschaft stehen das Anordnungsrecht der Hauptversammlung<br />
und das des Aufsichtsrats zwingend nebeneinander 6 . In der GmbH ist dagegen<br />
streitig, ob die Gesellschafterversammlung den Zustimmungskatalog abschließend<br />
regeln kann und damit den Umfang der Mitwirkung des Aufsichtsrats an<br />
1 A.A. Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 110 (einfache Gesellschafterbeschlüsse reichen<br />
nicht aus).<br />
2 Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht,<br />
2008, § 4, D. I. 2. d); für das Aktienrecht vgl. Bergau, AG 2006, 769 ff.<br />
3 A.A. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 231 (höhere Mehrheit auch für den<br />
mitbestimmten Aufsichtsrat).<br />
4 Vgl. oben Rdnr. 76 sowie Heyder, in: Michalski, Rdnr. 320.<br />
5 Vgl. oben Rdnr. 171 sowie Uwe H. Schneider, in: FS Mühl, 1981, S. 633, 643.<br />
6 Statt aller: Semler, in: MünchKomm. AktG, § 111 Rdnr. 403; Lutter/Krieger, Rechte<br />
und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 105.<br />
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Uwe H. Schneider