Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§64 Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung<br />
genüber zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens“ verpflichtet sind (so<br />
mit rechtsdogmatischen Unterschieden im Ansatz die hier vertretene und die<br />
von Altmeppen angeführte Ansicht)? Es besteht Einigkeit darüber, dass die in<br />
§ 64 und § 130a HGB enthaltenen Bestimmungen, so unterschiedlich sie lauten,<br />
abgestimmt interpretiert werden müssen 1 . Darauf wurde in diesem Kommentar<br />
bereits früher hingearbeitet (9. Aufl., § 64 Rdnr. 35). Aber darauf beschränkt<br />
sich der Konsens.<br />
a) BGH und h.M.: Nach dem zu § 64 ergangenen Urteil BGHZ 146, 264 = NJW<br />
2001, 1280 = GmbHR 2001, 190 muss der Geschäftsführer Zahlungen, die er<br />
verbotswidrig geleistet hat, ungekürzt erstatten. Das entspricht nunmehr der<br />
ständigen Rechtsprechung. Mit dieser Rechtskonstruktion löst sich der Bundesgerichtshof<br />
bewusst von der Kategorie des Schadensersatzes. Der Anspruch geht<br />
der Sache nach auf Wiederbeschaffung von Liquidität und führt zu einer ungekürzten<br />
Verurteilung des Geschäftsführers in Höhe aller unerlaubt geleisteten<br />
Zahlungen 2 . Den Widerspruch zu § 130a Abs. 2 Satz 1 HGB hat der BGH im<br />
Sinne eines Vorrangs von § 64 aufgelöst: Beide Bestimmungen gehen danach<br />
allein auf die Erstattung der verbotenen Zahlungen. Zu § 130a Abs. 2 (vor dem<br />
MoMiG Abs. 3) Satz 1 HGB heißt es bei BGH, GmbHR 2007, 596 = ZIP 2007,<br />
1006 3 : „Der in § 130a Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 HGB geregelte Ersatzanspruch entspricht<br />
demjenigen aus § 64 <strong>GmbHG</strong> und ist auf Erstattung der dem Verbot des<br />
§ 130a Abs. 1 HGB zuwider geleisteten Zahlungen, nicht dagegen auf Ersatz<br />
eines Quotenschadens gerichtet; dieser wird allein durch § 130a Abs. 2 Satz 1<br />
Alt. 1 HGB erfasst.“ Allerdings will der BGH eine Bereicherung der Masse<br />
vermeiden. Es muss verhindert werden, dass durch Erstattungen die Masse aus<br />
dem Vermögen der Geschäftsführer subventioniert wird. Etwaige Erstattungsansprüche<br />
der Masse gegen den befriedigten Gläubiger oder gegen <strong>Dr</strong>itte sind<br />
Zug um Zug an den Geschäftsführer abzutreten. Die hypothetische Quote des<br />
unerlaubt befriedigten Gläubigers ist nicht von der Leistung des Geschäftsführers<br />
abzuziehen, sondern dem Geschäftsführer ist im Urteil vorzubehalten,<br />
einen entsprechenden Anspruch gegen die Masse geltend zu machen 4 .Ingrundsätzlicher<br />
Hinsicht bedeutet das: (1) Die Sanktionen der Insolvenzverschleppungshaftung<br />
(Anh. § 64) und der Zahlungsverbote nach § 64, § 130a HGB sind<br />
voneinander verschieden. (2) Die Sanktion des Zahlungsverbots besteht nicht<br />
im Schadensersatz (so § 130a Abs. 2 Satz 1 HGB), sondern in der Erstattung aller<br />
verbotswidrigen Zahlungen (so § 64 Satz 1). (3) Einer Bereicherung der Masse<br />
durch Erstattungsansprüche nach § 64 Satz 1 wird durch einen Zug-um-Zug-<br />
Mechanismus (volle Erstattung gegen Abtretung von Ansprüchen) entgegengewirkt<br />
(Rdnr. 55).<br />
1 BGH, GmbHR 2007, 596 = ZIP 2007, 1006; OLG Schleswig, GmbHR 2005, 1615, 1617 =<br />
ZIP 2005, 2211, 2213; Karsten <strong>Schmidt</strong>, ZIP 2008, 1401, 1403.<br />
2 So auch Schulze-Osterloh, in: FS Bezzenberger, 2000, S. 415, 425.<br />
3 Die im BGH-Leitsatz angeführten Gesetzesstellen wurden der Rechtslage nach dem<br />
MoMiG angepasst; wie der BGH auch schon OLG Schleswig, GmbHR 2005, 1615, 1619<br />
= ZIP 2005, 2211, 2213; Haas, NZG 2004, 737, 743.<br />
4 Der Rechtsprechung zustimmend z.B. Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 18;<br />
<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, in: Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, Rdnr. 35; anders hingegen Schulze-<br />
Osterloh, in: FS Bezzenberger, 2000, S. 415, 425; Nerlich, in: Michalski, Rdnr. 50.<br />
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Karsten <strong>Schmidt</strong>