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Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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§52 Aufsichtsrat<br />

letzt werden. Dazu gehören krasse Fehlbesetzungen der geschäftsführenden Organe<br />

bei den Tochter- und Enkelgesellschaften, unangemessene Vergütungen<br />

bei Tochter- und Enkelgesellschaften usw. Zwar sind die geschäftsführenden<br />

Organmitglieder der Tochtergesellschaften nicht der Aufsicht durch den Aufsichtsrat<br />

des herrschenden Unternehmens unterworfen. Deren Geschäftsführung<br />

gehört aber mittelbar zu ihrem Überwachungsbereich. So macht sich ein<br />

Aufsichtsratsmitglied der Holding auch schadensersatzpflichtig, wenn es die<br />

Zahlung von Bestechungsgeldern durch Tochtergesellschaften hinnimmt und<br />

die Konzernunternehmen als Folge von Aufträgen ausgeschlossen werden.<br />

bbb) Ermessensentscheidungen (Business Judgment Rule)<br />

Von § 116 Satz 1 AktG miterfasst ist § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG. Auf den Aufsichtsrat<br />

angewandt liegt danach eine Pflichtverletzung nicht vor, wenn das<br />

Aufsichtsratsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise<br />

annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum<br />

Wohle der Gesellschaft zu handeln. Das Haftungsprivileg in Form einer unwiderlegbaren<br />

Vermutung pflichtgemäßen Aufsichtsratshandelns setzt somit dreierlei<br />

voraus, nämlich erstens eine unternehmerische Entscheidung, zweitens eine<br />

Entscheidung auf der Grundlage angemessener Information und drittens das<br />

Annehmendürfen, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.<br />

Charakteristisch für eine unternehmerische Entscheidung ist die Möglichkeit<br />

des Aufsichtsratsmitglieds, zwischen mehreren zulässigen Handlungsalternativen<br />

zu wählen 1 . Die unternehmerische Entscheidung steht damit im Gegensatz<br />

zur gebundenen Entscheidung, also zur Entscheidung, bei der es kein<br />

Ermessen gibt. Auf das Haftungsprivileg kann sich daher nicht berufen, wer<br />

die Rechtsordnung oder die Satzung missachtet oder die gesellschaftlichen<br />

Treupflichten verletzt 2 . Erfährt der Aufsichtsrat von rechtswidrigen Geschäften,<br />

muss er mit Hilfe seiner Überwachungsinstrumentarien eingreifen 3 . Das<br />

einzelne Kontrollmitglied kann sich nicht mit dem Hinweis darauf entlasten,<br />

dass der Gesetzes- oder Satzungsverstoß für die Gesellschaft nützlich und<br />

daher in ihrem Interesse erfolgt sei. Für illegales Verhalten gibt es keinen<br />

„sicheren Hafen“ 4 .<br />

Im Übrigen ist zwischen der vergangenheitsbezogenen und der zukunftsorientierten,<br />

begleitenden Überwachung zu unterscheiden. Im Rahmen der Kontrolle<br />

1 Vgl. BGHZ 135, 244, 254 (ARAG), sowie die Definitionen von Sven H. Schneider, DB<br />

2005, 707, 711; Spindler, AG 2006, 677, 681; Semler, in: FS Ulmer, 2003, S. 627 f.;<br />

Kock/Dinkel, NZG 2004, 441, 442; Hoor, DStR 2004, 2104, 2105; Mutter, Unternehmerische<br />

Entscheidungen und Haftung des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft, 1994,<br />

S. 6 ff. und 23; Heermann, AG 1998, 201, 203; Lutter, ZIP 2007, 841, 843.<br />

2 Stellungnahme Handelsrechtsausschuss DAV zum UMAG, NZG 2005, 388; s. auch<br />

Rdnr. 494 ff.<br />

3 Vgl. BGHZ 124, 111, 127 (Vereinte Krankenversicherung), und LG Bielefeld, AG 2000,<br />

136, 138 (Balsam): Pflicht zur Festlegung eines Zustimmungsvorbehalts zur Vermeidung<br />

gesetzwidriger bzw. satzungswidriger Geschäftsführungsmaßnahmen; dazu auch<br />

oben Rdnr. 143.<br />

4 Begr. RegE UMAG, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 15/5092, S. 11.<br />

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Uwe H. Schneider

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