Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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Aufsichtsrat §52<br />
Mitglied eines Aufsichtsrats kann ferner nicht sein, wer Betreuter ist, der bei<br />
der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt<br />
(§ 1903 BGB) unterliegt, § 100 Abs. 1 Satz 2 AktG (s. auch<br />
bei § 6 Rdnr. 11). Verliert das Aufsichtsratsmitglied nachträglich seine unbeschränkte<br />
Geschäftsfähigkeit, so wird seine Bestellung von selbst unwirksam 1 .<br />
bbb) § 52 i.V.m. § 105 Abs. 1 AktG verbietet, dass ein Aufsichtsratsmitglied<br />
zugleich Geschäftsführer, der dauernde Stellvertreter von Geschäftsführern (vgl.<br />
auch § 44 Rdnr. 4), Prokurist und zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter<br />
Handlungsbevollmächtigter der Gesellschaft ist2 . Niemand kann sich selbst<br />
überwachen. Aus diesem Grund kann nach h.M. die Satzung von dem Grundsatz<br />
der Funktionstrennung zwischen Geschäftsführung und Überwachung<br />
nicht abweichen3 . Der Beschluss, der hiergegen verstößt, ist nach überwiegender<br />
Ansicht nichtig4 .<br />
Das überzeugt nicht. Das Prinzip der Funktionstrennung ist zwar bei der Aktiengesellschaft<br />
zum Schutz der Aktionäre und Gläubiger zwingend. Bei der<br />
GmbH bedarf es eines solchen erhöhten Schutzes aber nicht; denn die Gesellschaft<br />
ist auf eine beschränkte Zahl von Gesellschaftern angelegt, der einzelne<br />
Gesellschafter hat, anders als der Aktionär, ein umfassendes Informationsrecht<br />
und die tatsächlichen Verhältnisse sind in der Regel überschaubar. Im Vordergrund<br />
der Aufgaben des Aufsichtsrats bei der GmbH steht daher nicht die nachträgliche,<br />
sondern die begleitende Kontrolle der Geschäftsführer durch die gemeinsame<br />
Beratung. Geht man hiervon aus, so sollte § 52 nicht hindern, den<br />
Aufsichtsrat in der Satzung als kooperatives Organ zu organisieren, in dem neben<br />
den externen Aufsichtsratsmitgliedern auch solche Aufsichtsratsmitglieder Sitz<br />
und Stimme haben, die zugleich Geschäftsführer sind. Um eine funktionsfähige<br />
Überwachung sicherzustellen, wäre lediglich Voraussetzung, dass die Mehrheit<br />
der Aufsichtsratsmitglieder nicht zugleich Geschäftsführer sind. Folgt man dieser<br />
Ansicht und lässt gleichzeitig zu, dass diesem Organ unternehmensleitende<br />
Zuständigkeiten, insbesondere die Festlegung der Geschäftspolitik, übertragen<br />
werden (s. Rdnr. 160 ff.), so lässt sich bei der GmbH durch die Satzung ein Organ<br />
einrichten, das dem „board“ einer amerikanischen Corporation nachgebildet ist5 .<br />
Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 970; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 30; Koppensteiner,<br />
in: Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, Rdnr. 8.<br />
1 BayObLG, DB 1993, 577: Geschäftsführer.<br />
2 Für den Generalbevollmächtigten: Hübner, ZHR 143 (1979), 3.<br />
3 OLG Frankfurt, BB 1981, 1543 und BB 1987, 22 = WuB II C. § 52 <strong>GmbHG</strong> 1.87 (Stützle);<br />
Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 9; Koppensteiner, in: Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, Rdnr. 8;<br />
Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 28; Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht,<br />
2. Aufl., S. 137; Konow, JR 1966, 166; a.A. für den stellvertretenden Geschäftsführer:<br />
KGJ 20 A 49.<br />
4 OLG Frankfurt, BB 1987, 22; Koppensteiner, in: Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, Rdnr. 9.<br />
5 Ebenso mit unterschiedlichen Einschränkungen: Raiser/Heermann, in: Ulmer,<br />
Rdnr. 36: Partielle Personalunion zulässig; Rohleder, Die Übertragbarkeit von Kompetenzen<br />
auf GmbH-Beiräte, 1991, S. 111 ff.: aber Stimmverbot für Geschäftsführer als<br />
Beiratsmitglieder; Großfeld/Brondics, AG 1987, 299 f.; Baums, ZIP 1995, 11, 14; Loges,<br />
ZIP 1997, 437; s. auch Windbichler, ZGR 1985, 50; Bleicher/Paul, Die Betriebswirtschaft<br />
1986, 263; zur Übertragung von unternehmensleitenden Zuständigkeiten auf den<br />
Aufsichtsrat s. auch Rdnr. 48 ff. und 160 ff.<br />
Uwe H. Schneider | 3085<br />
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