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Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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§64 Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung<br />

Zahlungsunfähigkeit führen „musste“, kann von Fall zu Fall schwierig sein<br />

(Rdnr. 86). Es handelt sich bei der Exkulpation um den Einwand, dass eine<br />

unzureichende Sachverhaltskenntnis oder/und Liquiditätsprognose dem Geschäftsführer<br />

(Liquidator) nicht zum Vorwurf gereicht. Eine Orientierung an<br />

festen Prognosezeiträumen (ein Jahr? Laufendes oder folgendes Geschäftsjahr?) 1<br />

ist unrealistisch. In Hinblick auf die strengen Erfordernisse des § 64 Satz 3<br />

(insbesondere hinsichtlich des „Zur-Zahlungsunfähigkeit-führen-Müssens“)<br />

dürfte die Exkulpation in den seltensten Fällen gelingen 2 .<br />

b) Entlastung nach § 64 Satz 2? Zweifelhaft ist, ob § 64 Satz 3 auch den Entlastungsbeweis<br />

nach § 64 Satz 2 zulässt. § 64 Satz 3 ist wie eine Rechtsfolgenverweisung<br />

formuliert („die gleiche Verpflichtung ...“) und verweist auf § 64 Satz 2<br />

nur bezüglich der Erkennbarkeit der Insolvenzverursachung. Der Wortlaut<br />

spricht damit zunächst gegen eine Anwendung des § 64 Satz 2 in dem Sinne,<br />

dass erkennbar insolvenzauslösende Zahlungen an Gesellschafter nach § 64<br />

Satz 2 legitimiert, also tatbestandslos sein können (vgl. hierzu Rdnr. 38). Auch<br />

die Regierungsbegründung nimmt auf § 64 Satz 2 nur bezüglich der „Tatbestandsmerkmale<br />

des Zahlungsverbots“ Bezug, insbesondere bezüglich der „Geeignetheit,<br />

die Zahlungsunfähigkeit herbeizuführen“ 3 . Deshalb fragt sich, ob<br />

das Gesetz den Entlastungseinwand ausschließt, die einem Gesellschafter zufließende<br />

Zahlung sei, trotz ihrer Eignung, die Zahlungsunfähigkeit herbeizuführen,<br />

mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar und deshalb<br />

von dem Verbot nicht erfasst. Die Anwendbarkeit des § 64 Satz 2 ist<br />

gleichwohl zu bejahen. Der Gesetzeswortlaut schließt sie nicht zwingend aus.<br />

Hinzu kommt ein Erst-recht-Argument: Auch § 64 Satz 1 schließt nach Eintritt<br />

der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit Zahlungen an die Gesellschafter<br />

ein. Ausnahmsweise kann also die Zahlung an einen Gesellschafter selbst bei<br />

schon eingetretener Zahlungsunfähigkeit nach § 64 Satz 2 gerechtfertigt sein<br />

(Rdnr. 38). Die Zahlung vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit kann von diesem<br />

Privileg nicht deshalb ausgenommen werden, wenn sie zur Zahlungsunfähigkeit<br />

führen muss.<br />

c) Keine Exkulpation gibt ein Gesellschafterbeschluss. Ist eine Zahlung mit<br />

§ 64 Satz 3 unvereinbar, so behebt der Beschluss das Zahlungsverbot nicht 4 . Zur<br />

Frage, unter welchen Voraussetzungen der Beschluss aus diesem Grund nichtig<br />

sein kann, vgl. Rdnr. 69.<br />

4. Beweislast<br />

Die Beweislast hinsichtlich der Merkmale des § 64 Satz 3 trägt, wer den Anspruch<br />

geltend macht, typischerweise also der Insolvenzverwalter 5 . Nur hinsichtlich<br />

der Exkulpation (Rdnr. 87 ff.) trifft die Beweislast den bzw. die Ge-<br />

1SoCasper, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rdnr. 6.47.<br />

2 Vgl. Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 30.<br />

3 Begr. RegE MoMiG, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/6140, S. 47.<br />

4 Begr. RegE MoMiG, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/6140, S. 47; allg.M.; vgl. Casper, in: Ulmer,<br />

Rdnr. 113; für Beweiserleichterungen Knof, DStR 2007, 1580, 1585.<br />

5 Wicke, Rdnr. 32; Casper, in: Ulmer, Rdnr. 109; Knof, DStR 2007, 1580, 1585.<br />

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Karsten <strong>Schmidt</strong>

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