Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§52 Aufsichtsrat<br />
Vertretungsorgans für den Aufsichtsrat eines anderen Unternehmens benannt<br />
haben, für dessen Pflichtverletzungen als Aufsichtsratsmitglied nach § 31 BGB<br />
einstehen müssen 1 . Einer solchen Haftung widerspricht beim konzernfreien<br />
Unternehmen die Eigenverantwortlichkeit des Aufsichtsratsmitglieds 2 . Ein nur<br />
„mit Rücksicht auf sein Hauptamt gewählter Repräsentant“ 3 wird als Aufsichtsratsmitglied<br />
nicht allein deshalb, weil er auch bei einem anderen Unternehmen<br />
Organmitglied ist, „in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen“<br />
tätig.<br />
Einer anderen Beurteilung bedarf es im Konzern bei einer Organverflechtung 4<br />
insbesondere, wenn Organmitglieder des herrschenden Unternehmens in Ausübung<br />
der Konzernleitung bei dem beherrschten Unternehmen als Aufsichtsratsmitglied<br />
tätig werden. Gegen die Anwendbarkeit auch bei Konzernlagen<br />
wird vorgebacht, das Aufsichtsratsmitglied der abhängigen Gesellschaft sei verpflichtet,<br />
die Interessen dieser Gesellschaft wahrzunehmen. Das Aufsichtsratsmitglied<br />
könne daher nicht zugleich in Ausführung einer ihm gegenüber dem<br />
herrschenden Unternehmen zustehenden Verrichtung handeln 5 . Dabei wird<br />
verkannt, dass nicht nur im Vertragskonzern, sondern auch im faktischen Konzern<br />
Organmitglieder des herrschenden Unternehmens in Organen des beherrschten<br />
Unternehmens tätig werden, um im Rahmen des unternehmerischen<br />
Ermessens die Konzernleitung zu verwirklichen. Geht man hiervon aus,<br />
so muss sich das herrschende Unternehmen pflichtwidriges Verhalten des Aufsichtsratsmitglieds<br />
zurechnen lassen, soweit das Aufsichtsratsmitglied „in<br />
Ausführung der ihm zustehenden Verrichtung“, also hier der Konzernleitung,<br />
gehandelt hat 6 .<br />
Auch bei der konzernfreien Gesellschaft kommt eine Haftung der abordnenden<br />
Körperschaft nach § 826 BGB in Betracht 7 .<br />
1 Dafür: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 73; Raiser/Heermann, in: Ulmer,<br />
Rdnr. 151; für die AG: v. Hofmannsthal, LZ 1929, Sp. 1237; H. Westermann, JuS 1961,<br />
333, 336; Ulmer, in: FS Stimpel, 1985, S. 705; differenzierend: Mertens, in: KölnKomm.<br />
AktG, § 76 Rdnr. 83 ff.; s. auch Koenen, Die Zurechnung von Organverhalten bei juristischen<br />
Personen, Diss. Köln, 1991.<br />
2 Wie hier: BGHZ 36, 309; BGHZ 90, 381, 398 (konzernfreie AG); Lutter/Hommelhoff,<br />
Rdnr. 19.<br />
3 Ulmer in: FS Stimpel, 1985, S. 705, der unter diesen Voraussetzungen die Anwendbarkeit<br />
von § 31 BGB bejaht.<br />
4 Allgemein hierzu: Decher, Personelle Verflechtungen im Aktienkonzern, 1990; Hoffmann-Becking,<br />
ZHR 150 (1986), 570; Lindermann, AG 1987, 225; Semler, in: FS Stiefel,<br />
1987, S. 719; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 155.<br />
5 So: BGHZ 36, 296, 309 (bei bestehender Konzernlage); Hoffmann-Becking, ZHR 150<br />
(1986), 570, 577; s. aber auch BGH, WM 1979, 937, 941: Haftung des herrschenden<br />
Unternehmens nach § 278 BGB für von ihm entsandte Personen als Geschäftsführer<br />
einer Komplementär-GmbH.<br />
6 Wie hier: Koppensteiner, in: KölnKomm. AktG, § 309 Rdnr. 41; Altmeppen, in: Münch-<br />
Komm. AktG, § 309 Rdnr. 147 f.; Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Recht<br />
der Aktionäre, 1958, S. 259 ff.; Mestmäcker, in: FG Kronstein, 1967, 129, 137; Wälde,<br />
DB 1972, 2289, 2290.<br />
7 BGHZ 90, 381.<br />
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Uwe H. Schneider