Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung §64<br />
6. Die Bedeutung des neuen Verbots insolvenzverursachender Zahlungen<br />
(§ 64 Satz 3 bzw. § 130a Abs. 1 Satz 3 HGB)<br />
Der neue § 64 Satz 3 (bzw. § 130a Abs. 1 Satz 3 HGB) ist systematisch mehr als<br />
eine bloße Ergänzung des schon vor dem MoMiG in § 64 bzw. § 130a HGB<br />
(jeweils in Abs. 2 a.F.) enthaltenen Satzes 1 – so aber die h.M. 1 –, sondern wirklich<br />
eine Rechtsnorm sui generis: ein echtes Zahlungsverbot. Es geht nicht um<br />
eine Vorverlagerung des angeblich in § 64 Satz 1 enthaltenen Zahlungsverbots 2 ,<br />
sondern um eine mehr mit §§ 30, 43 Abs. 3 als mit § 64 Satz 1 verbundene<br />
Regelung im Vorfeld der Insolvenz (Rdnr. 64 f.). § 64 Satz 3 enthält, anders als<br />
§ 64 Satz 1, ein Zahlungsverbot (insofern wie § 30), dessen Sanktion die verantwortlichen<br />
Geschäftsführer bzw. Liquidatoren und nicht die Gesellschafter<br />
trifft (anders als § 31). Wegen der Einzelheiten vgl. Rdnr. 64 ff.<br />
7. Zur nachfolgenden Kommentierung<br />
a) Darstellungsaufgabe: Die unterschiedlichen Ansichten bringen erhebliche<br />
Unterschiede in den Ergebnissen zutage. Die nachfolgende Kommentierung<br />
stellt die Rechtsprechung und ihre Ergebnisse systematisch dar. Sie ermöglicht,<br />
solange es bei dieser Rechtsprechung bleibt, eine praktische Arbeit auf der Basis<br />
der vom BGH angeführten herrschenden Meinung.<br />
b) Kritische Aufgabe: Die Kommentierung enthält zugleich Vorschläge für eine<br />
in sich stimmige Neukonzeption der Insolvenzverschleppungshaftung. In der<br />
Rechtsprechung laufen die Haftungstatbestände der Insolvenzverschleppung<br />
(Anh. § 64) und der Zahlungsverbote (§ 64) gleichsam blind nebeneinander her.<br />
So, wie vom BGH gehandhabt, kann die Insolvenzverschleppungshaftung nach<br />
§ 823 Abs. 2 BGB, §§ 15a, 92 InsO im eröffneten Insolvenzverfahren aber nicht<br />
funktionieren (Anh. § 64 Rdnr. 56), und außerhalb des Insolvenzverfahrens<br />
funktioniert sie nur theoretisch (Anh. § 64 Rdnr. 62). Durch die Gerichtspraxis<br />
zu § 64 (bzw. § 130a HGB), die sich von der Insolvenzverschleppungshaftung<br />
nahezu vollständig gelöst hat (Rdnr. 50, 53), werden auf der anderen Seite die<br />
Insolvenzverwalter auf Kosten der Geschäftsführer oder Liquidatoren im Übermaß<br />
entschädigt 3 . Dies sollte sich ändern (vgl. Rdnr. 56 ff.).<br />
c) Die hier auf Grund zahlreicher Vorarbeiten 4 vorgelegte Neukonzeption beruht<br />
im Wesentlichen auf den folgenden Annahmen: (1) Es gibt kein von der „Insol-<br />
1 Casper, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rdnr. 6.41;<br />
Böcker/Poertzgen, WM 2007, 1203; Hölzle, GmbHR 2007, 729, 730 f.; S. Meyer, BB<br />
2008, 1742, 1745; Niesert/Hohler, NZI 2009, 345, 348; Poertzgen, GmbHR 2007, 1258,<br />
1260.<br />
2 So aber Casper, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis,<br />
Rdnr. 6.41; Casper, in: Ulmer, Rdnr. 102; Greulich/Bunnemann, NZG 2006, 681, 684;<br />
Hölzle, GmbHR 2007, 729, 730.<br />
3 Karsten <strong>Schmidt</strong>, GmbHR 2008, 449 ff.: es kann keine Rede davon sein, dass die Insolvenzverschleppungshaftung<br />
wegen Verletzung des § 15a InsO lediglich Schutzlücken,<br />
die § 64 offen lässt, füllen soll; so aber Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 2.<br />
4 Vgl. Karsten <strong>Schmidt</strong>, JZ 1978, 661; Karsten <strong>Schmidt</strong>, ZHR 146 (2004), 637 ff.; Karsten<br />
<strong>Schmidt</strong>, ZIP 2005, 2179 ff.; Karsten <strong>Schmidt</strong>, ZIP 2009, 1401 ff.; s. auch bereits Bitter,<br />
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