Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§64 Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung<br />
geht auf Erstattung aller verbotswidrig geleisteten Zahlungen ohne Rücksicht<br />
auf die Insolvenzquote der Gläubiger oder auf Schadenshöhe 1 . Die Behauptung<br />
des Geschäftsführers, der Insolvenzverschleppungsschaden sei geringer, ist unerheblich,<br />
eine entsprechende Beweisführung nicht möglich. Die Summe der<br />
hiernach geschuldeten Zahlungen kann den vom Geschäftsführer dem Gesellschaftsvermögen<br />
schuldhaft zugefügten Insolvenzverschleppungsschaden leicht<br />
um ein Mehrfaches übersteigen 2 . Wer beispielsweise als Geschäftsführer die<br />
Tageskasse auf das debitorische Bankkonto einzahlt oder eine mit 50 000 Euro<br />
fakturierte Lieferung bezahlt, schädigt nicht ohne Weiteres allein aus diesem<br />
Grund die Gesellschaft und schmälert nicht ohne Weiteres die Befriedigungschancen<br />
der Gesellschaftsgläubiger in gleicher Höhe. Aber hierauf kommt es<br />
nach der Rechtsprechung nicht an.<br />
b) Der haftende Geschäftsführer kann nicht einwenden, dass die unerlaubte<br />
Zahlung im Wege der Insolvenzanfechtung vom Empfänger zurückverlangt<br />
werden könne oder hätte zurückverlangt werden können 3 . Vielmehr haften Geschäftsführer<br />
(Liquidatoren) und Zahlungsempfänger, ohne Gesamtschuldner<br />
zu sein, nebeneinander 4 . Dasselbe wird für den Einwand gelten, der Empfänger<br />
sei Gesellschafter und nach § 31 zur Rückzahlung verpflichtet. Aus der hier<br />
vertretenen Sicht ist allerdings zu ergänzen, dass bei der endgültigen Bemessung<br />
des Insolvenzverschleppungsschadens eine Berücksichtigung werthaltiger<br />
Ansprüche der Masse nicht ausgeschlossen ist (vgl. Anh. § 64 Rdnr. 67).<br />
c) Vorbehalt für ein Verfolgungsrecht: Auf Grund des Bereicherungsverbots<br />
(Rdnr. 50) ist dem Geschäftsführer in dem Urteil vorzubehalten, einen Gegenanspruch,<br />
der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte<br />
Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung an<br />
die Masse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen. Etwa bestehende Erstattungsansprüche<br />
der Masse gegen <strong>Dr</strong>itte sind Zug um Zug an den Geschäftsführer<br />
abzutreten 5 . Dieser Vorbehalt hinsichtlich seines Verfolgungsrechts gegen den<br />
Insolvenzverwalter wird seit einem BGH-Urteil vom 11. 7. 2005 6 von Amts wegen<br />
in das Zahlungsurteil gegen den Geschäftsführer aufgenommen 7 .<br />
1 BGHZ 146, 264, 278 f. = ZIP 2001, 235, 239; BGH, ZIP 2001, 1501 = WM 2007, 1465,<br />
1466; BGH, ZIP 2007, 1006, 1007 = WM 2007, 973 f.<br />
2 Zusammenfassend Karsten <strong>Schmidt</strong>, in: Karsten <strong>Schmidt</strong>/Uhlenbruck, Die GmbH in<br />
Krise, Sanierung und Insolvenz, Rdnr. 11.35 ff.; nochmals erinnert sei an das vom Verfasser<br />
gebildete, durchaus realistische Supermarktbeispiel in GmbHR 2007, 1072, 1079;<br />
vgl. schon Karsten <strong>Schmidt</strong>, ZIP 2005, 2177, 2181.<br />
3 BGHZ 131, 325 = GmbHR 1996, 221; dazu Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 17;<br />
eingehend Paulus, in: Prütting, Insolvenzrecht 1996, 1997, S. 211 ff.; Gerd Müller, ZIP<br />
1996, 1153 ff.; Uhlenbruck, WiB 1996, 1641; s. auch OLG Oldenburg, GmbHR 2004,<br />
1014 = ZIP 2005, 317; a.M. Nerlich, in: Michalski, § 64 Rdnr. 50.<br />
4 OLG Oldenburg, GmbHR 2004, 1014 = ZIP 2005, 317.<br />
5 Haas, in: FS Gero Fischer, 2008, S. 209, 212 ff. begründet dies analog § 144 InsO.<br />
6 BGH, GmbHR 2005, 1187 = ZIP 2005, 1550 unter Klarstellung der Entscheidung BGHZ<br />
146, 264, 279 = GmbHR 2001, 190, 194 = NJW 2001, 1280, 1283 f. = ZIP 2001, 235, 240;<br />
OLG Schleswig, GmbHR 2003, 716 = ZIP 2003, 856; GmbHR 2005, 1615 = ZIP 2005,<br />
2211; OLG Oldenburg, GmbHR 2004, 1014 = ZIP 2005, 317.<br />
7 Zust. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 16; Schulze-Osterloh, in: Baumbach/<br />
Hueck, Rdnr. 84; Casper, in: Ulmer, Rdnr. 96; krit. OLG Hamburg, GmbHR 2007, 1036.<br />
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Karsten <strong>Schmidt</strong>