Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§52 Aufsichtsrat<br />
Mitglieder der Ausschüsse allein nach ihrer besonderen Qualifikation, nach<br />
Sachverstand und Erfahrung auszuwählen. Es gibt auch keine Diskriminierungsvermutung,<br />
wenn etwa eine Gruppe, z.B. die Arbeitnehmervertreter, die<br />
Aufsichtsratsmitglieder eines Familienstammes oder in der Kommunal-GmbH<br />
die Aufsichtsratsmitglieder einer politischen Partei, in einem Ausschuss nicht<br />
vertreten ist. Werden in einem Ausschuss Angelegenheiten entschieden, die zu<br />
Zuständigkeiten des Aufsichtsrats gehören, werden nicht nur Beschlüsse des<br />
Aufsichtsrats vorbereitet, so hat mindestens ein Arbeitnehmervertreter ein<br />
Teilnahmerecht 1 .<br />
Auch wenn die GmbH einen Aufsichtsrat nach MitbestG hat, ist eine paritätische<br />
Zusammensetzung der Ausschüsse nicht zwingend vorgesehen. Das MitbestG<br />
regelt, von § 27 Abs. 3 MitbestG abgesehen, weder die Bildung, noch die<br />
Zusammensetzung noch die Organisation von Ausschüssen des Aufsichtsrats.<br />
Seine Vorschriften sind weder unmittelbar noch entsprechend auf Ausschüsse<br />
anwendbar 2 . Auch aus allgemeinen Grundsätzen, der „Politik des Gesetzes“<br />
o.Ä. folgt kein Gebot zu paritätischer Besetzung. Das Gesetz geht zwar von<br />
einer Gleichbehandlung aller Aufsichtsratsmitglieder aus, kennt jedoch keinen<br />
zwingenden Grundsatz der Gruppengleichbehandlung 3 . § 27 MitbestG ist als<br />
Ausnahmevorschrift nicht analogiefähig.<br />
Die bestehende Gestaltungsfreiheit darf aber auch nicht dazu genutzt werden,<br />
den Sinn und Zweck der Mitbestimmung zu unterlaufen (Verbot missbräuchlicher<br />
Diskriminierung). Daraus ergibt sich ein Stufenverhältnis. Sind in einem<br />
Ausschuss die Gesellschaftervertreter und die Arbeitnehmervertreter nicht im<br />
selben Verhältnis vertreten, so ist dies unbedenklich, wenn hierfür ein vernünftiger,<br />
sachlich gerechtfertigter Grund besteht. Es bedarf jedoch schwerwiegender<br />
sachlicher Gründe, um es zu rechtfertigen, dass in einem beschließenden Ausschuss,<br />
z.B. einem Personalausschuss, keine Arbeitnehmervertreter sind. Anders<br />
formuliert: Bei beschließenden Ausschüssen des Aufsichtsrats ist es eine missbräuchliche<br />
Diskriminierung der Arbeitnehmervertreter, wenn sie allein aufgrund<br />
ihrer Gruppenzugehörigkeit von jeder Mitarbeit in dem Ausschuss aus-<br />
1 Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 35.<br />
2 BGHZ 83, 144; BGHZ 122, 342, 362; OLG Hamburg, WM 1992, 1278; OLG München,<br />
WM 1995, 978, 979; a.A.: Geitner, AG 1976, 210; Jaeger, ZIP 1995, 1735, wenn er über<br />
Materien entscheidet, die unter Plenarvorbehalt des § 107 Abs. 3 AktG stehen; eine<br />
Abweichung vom Gebot paritätischer Zusammensetzung mit Zweidrittelmehrheit in<br />
Analogie zu § 27 MitbestG lassen zu: Säcker, Aufsichtsratsausschüsse nach dem MitbestG<br />
1976, 1979, S. 56 ff.; Säcker, ZHR 148 (1984), 177; Reuter, AcP 179 (1979), 533;<br />
Nagel, BB 1979, 1801; dagegen aber ausdrücklich: Hönig, DB 1979, 744; Lehmann, DB<br />
1979, 2117; gegen eine zwingende paritätische Zusammensetzung: Fitting/Wlotzke/<br />
Wißmann, § 29 MitbestG Rdnr. 38 (Ausnahme: Aufsichtsratspräsidium); Ulmer/Habersack,<br />
in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 126 f.;<br />
Raiser, § 25 MitbestG Rdnr. 39; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, § 25 MitbestG<br />
Rdnr. 33, 35; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, 1986, S. 108; Schaub, ZGR 1977,<br />
302; Luther, ZGR 1977, 313; Martens, DB 1980, 1381, 1383; Zöllner, AG 1981, 13, 15;<br />
Mertens, AG 1981, 113, 132.<br />
3 Dazu auch: Rittner, DB 1980, 2493; Canaris, DB 1981, Beilage Nr. 14, S. 6; Paefgen,<br />
Struktur und Aufsichtsratsverfassung der mitbestimmten AG, 1982, S. 129; Hoffmann/<br />
Preu, Der Aufsichtsrat, 5. Aufl., Rdnr. 156 ff.<br />
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Uwe H. Schneider