Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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Aufsichtsrat §52<br />
verstoßen, seien grundsätzlich nichtig 1 . Streitig ist insoweit, ob ausnahmsweise<br />
auch Inhaltsmängel lediglich zur Anfechtbarkeit führen können. So wird die<br />
Ansicht vertreten, dass nur in den Fällen des § 241 AktG Aufsichtsratsbeschlüsse<br />
als nichtig anzusehen seien 2 . Beschlüsse, die lediglich Verfahrensmängel<br />
aufweisen, seien dagegen nur nichtig, wenn gegen Vorschriften verstoßen<br />
wurde, auf deren Einhaltung die Aufsichtsratsmitglieder nicht verzichten können<br />
3 . Dagegen seien Beschlüsse, die gegen Verfahrensvorschriften verstoßen,<br />
auf deren Einhaltung die Aufsichtsratsmitglieder verzichten können, lediglich<br />
anfechtbar.<br />
Die höchstrichterliche Rechtsprechung 4 und die vorherrschende Lehre folgen<br />
dem nicht 5 . Aufsichtsratsbeschlüsse, die in verfahrensmäßiger oder inhaltlicher<br />
Beziehung gegen zwingendes Gesetzes- oder Satzungsrecht verstießen, seien<br />
„im Grundsatz“ nicht anfechtbar, sondern nichtig. Denn anders als bei Hauptversammlungsbeschlüssen<br />
gehe es nicht darum, das Vertrauen einer unbestimmten<br />
Vielzahl von gegenwärtigen und zukünftigen Aktionären, sondern<br />
nur das einzelner außenstehender <strong>Dr</strong>itter, etwa von Vorstandsmitgliedern bzw.<br />
von Geschäftsführern in die Wirksamkeit ihrer Bestellung und Anstellung, zu<br />
schützen. Diesem Vertrauensschutz würde aber auch eine entsprechende Anwendung<br />
der §§ 241 ff. AktG nicht gerecht. Dem „Bedürfnis, die Nichtigkeitsfolge<br />
im Interesse einer verstärkten Berücksichtigung des Gesichtspunkts der<br />
Rechtssicherheit zurückzudrängen, muss mit anderen, flexibleren, den besonderen<br />
Verhältnissen dieses Organs und seiner Beschlüsse besser angepassten<br />
Mitteln Rechnung getragen werden“ 6 .<br />
Dem ist auch für den Aufsichtsrat der GmbH zuzustimmen. Inhaltliche Verstöße<br />
gegen Gesetz und Satzung und wesentliche Verfahrensfehler aufgrund der<br />
Verletzung von zwingenden gesetzlichen Vorschriften oder Vorschriften der<br />
Satzung führen zur Nichtigkeit 7 . Die Wahrung der Rechtssicherheit erfolgt ers-<br />
1 Hoffmann-Becking, in: MünchHdb. GesR IV AG, 3. Aufl., § 31 Rdnr. 106; Lutter/Krieger,<br />
Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 612; Axhausen, Anfechtbarkeit<br />
aktienrechtlicher Aufsichtsratsbeschlüsse, 1986, S. 159; Baums, ZGR 1983, 30.<br />
2 OLG Hamburg, WM 1992, 1278 mit zust. Anm. Bork, EWiR § 243 AktG 1/92, S. 421.<br />
3 Hoffmann-Becking, in: MünchHdb. GesR IV AG, 3. Aufl., § 31 Rdnr. 109 f.; Raiser, §25<br />
MitbestG Rdnr. 41; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht,<br />
§ 25 MitbestG Rdnr. 39; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats,<br />
4. Aufl., Rdnr. 613.<br />
4 Eingehend: BGHZ 122, 342, 347 = WuB II A. § 107 AktG 1.93 (Rellermeyer); BGHZ 124,<br />
111, 125 = JZ 1994, 680 (Schön) = WuB II A. § 256 AktG 1.94 (Hüffer); BGHZ 135, 244 =<br />
WuB II A. § 111 AktG 1.97 (Raiser) = EWiR 1997, 677 (Priester) = DStR 1997, 880<br />
(Goette) = ZIP 1997, 883 (Horn) = DZWiR 1997, 322 (Boujong) = JZ 1997, 1071 (<strong>Dr</strong>eher);<br />
s. auch BGHZ 83, 144, 146; a.A. Kindler, ZHR 162 (1998), 101, 116.<br />
5 S. anstelle anderer: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 92 f.; Mertens, in: Köln-<br />
Komm. AktG § 108 Rdnr. 61 ff.; Hoffmann-Becking, in: MünchHdb. GesR IV AG,<br />
3. Aufl., § 31 Rdnr. 106; Hüffer, AktG, § 108 Rdnr. 19.<br />
6 BGHZ 122, 342, 347.<br />
7 BGHZ 124, 111; BGHZ 135, 244; BayObLG, AG 2003, 429; sowie schon: OLG Stuttgart,<br />
WM 1985, 600 = WuB II A. § 84 Abs. 3 AktG 1.85 (Uwe H. Schneider): Nichtigkeit,<br />
wenn Arbeitnehmervertreter nicht zur Sitzung eingeladen, unzureichend informiert<br />
und Überlegungsfrist verkürzt (GmbH).<br />
Uwe H. Schneider | 3137<br />
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