Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§ 16 Nachtrag MoMiG Rechtsstellung bei Gesellschafterwechsel<br />
Die Fristberechnung der 3-Jahresfrist richtet sich nach den §§ 187 ff. BGB. Wird<br />
z.B. am 1. 5. 2010 eine unrichtige Gesellschafterliste im Registerordner des Handelsregisters<br />
aufgenommen, beginnt die Frist am 2. 5. 2010 zu laufen (vgl. § 187<br />
Abs. 1 BGB) und endet – da es sich um eine Jahresfrist handelt – am 1. 5. 2013 um<br />
24 Uhr (vgl. § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB). Dabei ist es unerheblich, ob das Fristende<br />
auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder auf einen Sonnabend fällt, da<br />
§ 193 BGB eine Fristverlängerung nur für die Fälle vorsieht, dass eine Willenserklärung<br />
abzugeben oder eine Leistung i.S. des § 362 BGB zu erbringen ist.<br />
c) Zurechenbarkeit der Unrichtigkeit der Gesellschafterliste<br />
Vor Ablauf der 3-Jahresfrist ist selbst bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen<br />
des § 16 Abs. 3 ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen, wenn die Unrichtigkeit<br />
der Listeneintragung „dem Berechtigten [...] nicht zuzurechnen ist“<br />
(Umkehrschluss aus § 16 Abs. 3 Satz 2). In dem Tatbestandsmerkmal der Zurechnung<br />
fokussiert sich das Veranlassungsprinzip als Legitimationsbasis für<br />
den gutgläubigen Erwerb mit dem Rechtsscheinträger der Gesellschafterliste<br />
und dieses Merkmal steht somit unmittelbar im Spannungsverhältnis zwischen<br />
dem Rechtserhaltungsinteresse des Berechtigten einerseits und den Erwerbsinteressen<br />
des Rechtsverkehrs andererseits. Hieraus folgt, dass je geringere Anforderungen<br />
an die Voraussetzungen der Zurechnung der Unrichtigkeit gestellt<br />
werden, desto stärker nähert sich die Gutglaubensvorschrift des § 16 Abs. 3<br />
bereits vor Ablauf der 3-Jahresfrist dem reinen Rechtsscheinstatbestand des<br />
§ 892 BGB mit dem Rechtsscheinsträger des Grundbuchs an und je eher ist der<br />
gutgläubige Erwerb von Geschäftsanteilen oder Rechten in praxi vor Ablauf der<br />
3-Jahresfrist möglich. Weder § 16 selbst noch dem GmbH-Gesetz an anderer<br />
Stelle ist eine weitere Konturierung des Zurechnungsmerkmals zu entnehmen.<br />
Die Begründung des Regierungsentwurfs beschränkt sich darauf, drei Sachverhaltskonstellationen<br />
zu beschreiben, von denen zwei eine Zurechnung der Unrichtigkeit<br />
begründen sollen und eine nicht, ohne abstrakt generelle Auslegungshinweise<br />
zu geben1 :<br />
„Dem wahren Rechtsinhaber, der sich nach Erwerb seines Geschäftsanteils<br />
nicht darum gekümmert hat, dass die Gesellschafterliste geändert wird und<br />
seine Rechtsstellung richtig wiedergibt, ist die Unrichtigkeit der Liste ohne<br />
Wartefrist zuzurechnen. Eine zurechenbare Unrichtigkeit liegt beispielsweise<br />
vor, wenn zunächst der Scheinerbe des früheren Gesellschafters in der Gesellschafterliste<br />
eingetragen wird und der wahre Erbe es unterlässt, die Geschäftsführer<br />
zur Einreichung einer korrigierten Liste zu veranlassen.<br />
Anders liegt der Fall, wenn ein Gesellschafter die Unrichtigkeit in keiner Weise<br />
zuzurechnen ist. Dies ist beispielsweise gegeben, wenn der Geschäftsführer<br />
ohne Wissen des Gesellschafters eine falsche Liste einreicht, in der seine<br />
Rechtsstellung nicht mehr vollständig aufgeführt ist.“<br />
Das Merkmal der Zurechnung impliziert, dass zwischen der Person der Berechtigten<br />
und der Unrichtigkeit einer Listeneintragung eine spezifische Beziehung<br />
besteht i.S. einer (Mit-)Veranlassung, (Mit-)Verursachung (i.S. einer adäquaten<br />
1 BR-<strong>Dr</strong>ucks. 354/07, S. 88.<br />
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