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Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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§64 Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung<br />

dass die Zahlungsunfähigkeit bereits im Augenblick der Zahlung eintreten<br />

muss 1 . Aber es muss sich in diesem Moment klar abzeichnen, dass die Gesellschaft<br />

unter normalem Verlauf der Dinge ihre Verbindlichkeiten nicht mehr<br />

wird erfüllen können 2 . In diesem Sinne muss die Zahlung ohne Hinzutreten<br />

weiterer Kausalbeiträge zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen 3 .<br />

Diese Erwartung muss im Zeitpunkt der Zahlung feststehen bzw. bei gebotener<br />

Sorgfalt feststellbar sein (vgl. zum Solvenzkonzept des § 64 Satz 3 Rdnr. 71) 4 .<br />

Haftungsbegründend ist eine Zahlung nur, wenn sie sich in diesem kritischen<br />

Zeitpunkt als „Weichenstellung ins Aus“ darstellt 5 . Dass die Zahlung ein<br />

Schritt unter vielen hin zum Absturz der Gesellschaft war, genügt nicht für die<br />

Haftung 6 . Die Geschäftsführer sind keineswegs verpflichtet, jegliche Zahlungen<br />

an Gesellschafter zu ersetzen, die in irgendeiner mittelbaren Weise kausal für<br />

eine – möglicherweise erst mit erheblichem zeitlichen Abstand eintretende –<br />

Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft geworden sind 7 . Ein naher zeitlicher Zusammenhang<br />

zwischen der Zahlung und dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit<br />

kann Indizwirkung haben, mehr nicht. Faustformeln etwa im Sinne einer Jahresfrist<br />

8 sind wenig hilfreich 9 .<br />

ee) Gegenleistungen können bei der Feststellung der Kausalität berücksichtigt<br />

werden 10 . An der Kausalität fehlt es vor allem dann, wenn der Gesellschaft<br />

durch eine Gegenleistung des Gesellschafters im Ergebnis in gleichem Maße<br />

wieder liquide Vermögenswerte zugeführt werden 11 . Dasselbe gilt, wenn die<br />

Zahlung an den Gesellschafter einen sonst unvermeidlichen Mittelabfluss an<br />

einen <strong>Dr</strong>itten vermeidet (z.B. für Dienstleistungen). Der Zahlungstatbestand<br />

wird insofern als Einheit gewürdigt. Die Ersatzpflicht besteht nur in dem Umfang<br />

(„soweit“), wie der Gesellschaft tatsächlich liquide Vermögensmittel entzogen<br />

und nicht z.B. durch eine Gegenleistung des Gesellschafters ausgeglichen<br />

worden sind 12 . Zur Kompensation geeignet sind aber nur liquiditätswirksame<br />

Gegenleistungen. § 64 Satz 3 ist, anders als § 30, eine Liquiditätsschutzvorschrift.<br />

Deshalb gilt nicht die für § 30 maßgebliche bilanzielle Betrachtungsweise<br />

13 . Beispielsweise kann der Auszahlung eines Darlehens an einen Gesell-<br />

1 Begr. RegE MoMiG, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/6140, S. 46 f.; Greulich/Rau, NZG 2008, 284, 288.<br />

2 Begr. RegE MoMiG, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/6140, S. 47.<br />

3 Begr. RegE MoMiG, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/6140, S. 46.<br />

4 Wicke, Rdnr. 29; Casper, in: Ulmer, Rdnr. 109.<br />

5 Vgl. Casper, in: Ulmer, Rdnr. 109; Casper, in: Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft<br />

und Praxis, Rdnr. 6.45; im Anschluss an Greulich/Bunnemann, NZG 2006,<br />

681, 685; Greulich/Rau, NZG 2008, 284, 288.<br />

6 Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 28 m.w.N.; a.M. Hölzle, GmbHR 2007, 729,<br />

731.<br />

7 Begr. RegE MoMiG, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/6140, S. 47.<br />

8 Dafür Casper, in: Ulmer, Rdnr. 109.<br />

9 Ähnlich wohl Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 29.<br />

10 Begr. RegE MoMiG, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/6140, S. 46; Casper, in: Ulmer, Rdnr. 105 (der sogar<br />

den Zahlungsbegriff verneinen will); Stadie, in: Heybrock, Rdnr. 22; Greulich/Rau,<br />

NZG 2008, 284, 287.<br />

11 Begr. RegE MoMiG, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/6140, S. 46.<br />

12 Begr. RegE MoMiG, BT-<strong>Dr</strong>ucks. 16/6140, S. 47.<br />

13 So auch Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 27.<br />

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Karsten <strong>Schmidt</strong>

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