Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§52 Aufsichtsrat<br />
b) Der Aufsichtsrat in der beherrschten GmbH<br />
aa) Im Vertragskonzern ändert sich die unternehmerische Interessenausrichtung<br />
der beherrschten GmbH. Zwingender Maßstab für alle Maßnahmen der<br />
Unternehmensleitung ist nicht mehr allein das Gesellschaftsinteresse. Weisungen<br />
des herrschenden Unternehmens können auch dem Interesse des herrschenden<br />
Unternehmens oder der anderen Konzernunternehmen dienen, § 308<br />
AktG entsprechend1 . Erhalten und gesichert bleibt allein das Substanzinteresse<br />
der beherrschten GmbH. In diesen Grenzen behält der Aufsichtsrat der beherrschten<br />
GmbH seine Überwachungsaufgaben. Der Aufsichtsrat der beherrschten<br />
GmbH hat zwar weder die Gesellschafterversammlung noch das<br />
herrschende Unternehmen zu überwachen und zu beraten. Das Zustimmungserfordernis<br />
bleibt jedoch auch für solche Maßnahmen erhalten, die auf einer<br />
Weisung des herrschenden Unternehmens beruhen. Der Aufsichtsrat kann im<br />
Rahmen der geänderten Interessenbindung weiterhin frei entscheiden2 .<br />
Wird die Zustimmung verweigert, so führt dies freilich nur dazu, dass sich das<br />
herrschende Unternehmen nochmals mit der Angelegenheit befassen muss und<br />
der Zustimmung von dessen Aufsichtsrat bedarf, § 308 AktG entsprechend.<br />
bb) Im faktischen Konzern wird der Überwachungsraum des Aufsichtsrats der<br />
beherrschten GmbH nicht eingeschränkt 3 . Der Aufsichtsrat der beherrschten<br />
GmbH hat vielmehr zunächst einmal dieselben Aufgaben wie der Aufsichtsrat<br />
einer konzernfreien GmbH. Tatsächlich ergeben sich jedoch erhebliche Unterschiede,<br />
wenn das herrschende Unternehmen nicht über die Gesellschafterversammlung,<br />
sondern an dieser vorbei, die einheitliche Leitung durchsetzt. Gerade<br />
im zuletzt genannten Fall kommt dem Aufsichtsrat der beherrschten<br />
GmbH eine besondere Aufgabe zu 4 . Er hat im Rahmen seiner Überwachung<br />
sicherzustellen, dass bei der Konzernleitung die Interessen der beherrschten<br />
Gesellschaft gewahrt bleiben 5 . Zu berücksichtigen ist dabei die eigenständige<br />
Entscheidungsorganisation der GmbH. Wenn sich bei einer Aktiengesellschaft<br />
Anhaltspunkte für nachteilige vom herrschenden Unternehmen veranlasste<br />
Maßnahmen ergeben, so soll es Aufgabe des Aufsichtsrats sein, den Sachverhalt<br />
aufzuklären und gegebenenfalls für einen unverzüglichen Nachteilsausgleich<br />
Sorge zu tragen 6 . Bei der GmbH ist zu unterscheiden: Werden nachteilige Weisungsbeschlüsse<br />
durch die Gesellschafterversammlung getroffen, so ist es nicht<br />
1 Ebenso Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl., S. 445; Lutter/Hommelhoff, Anh.<br />
§ 13 Rdnr. 34.<br />
2 Lenz, AG 1997, 454.<br />
3 Lieder, Der Aufsichtsrat im Wandel der Zeit, 2006, S. 869; Kleindiek, in: Hommelhoff/<br />
Hopt/v. Werder (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance, 2003, S. 572, 595; Uwe H.<br />
Schneider, in: FS Raiser, 2006, S. 341.<br />
4 A.A. Martens, ZHR 159 (1995), 587: keine praktische Bedeutung.<br />
5 S. auch BGH, ZIP 1993, 1882; Laule, AG 1990, 154: kein „Aufopfern“ im Interesse der<br />
anderen verbundenen Unternehmen im Konzern; Scheffler, DB 1994, 795; Kleindiek,<br />
in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance, 2003, S. 595;<br />
Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, 2003, S. 389; Uwe H. Schneider, in: FS<br />
Raiser, 2005, S. 341; s. auch Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 344.<br />
6 Rowedder, in: FS Duden, 1977, S. 501, 511.<br />
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Uwe H. Schneider