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Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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Aufsichtsrat §52<br />

ständig ist das Amtsgericht im FG-Verfahren (§§ 145 Abs. 1 FGG, 14 AktG, 17<br />

Nr. 2a RpflG) 1 .<br />

Das gerichtliche Abberufungsverfahren hat jedoch eine andere Funktion als<br />

ursprünglich bei der Aktiengesellschaft. Aus der Entstehungsgeschichte des<br />

§ 103 Abs. 3 AktG 2 wurde abgeleitet, dass der Begriff des wichtigen Grundes<br />

in der Person des Aufsichtsratsmitglieds eng zu fassen sei 3 . § 103 Abs. 3 AktG<br />

war im Blick auf die nur im zeitlichen Abstand tagende Hauptversammlung<br />

als ultima ratio zur Lückenfüllung im Abberufungsverfahren hinsichtlich untragbar<br />

gewordener Aufsichtsratsmitglieder entstanden. Bei der GmbH ist es<br />

demgegenüber in aller Regel nicht schwierig, die Gesellschafterversammlung<br />

zusammenzuführen. Sie ist jedoch bei der mitbestimmten Gesellschaft u.U.<br />

nicht zuständig. Auf der anderen Seite hat das Wahlorgan der Arbeitnehmervertreter<br />

kein Abberufungsrecht im Verhältnis zu den Anteilseignervertretern.<br />

Diese Lücke schließt das gerichtliche Abberufungsverfahren, wobei jedoch<br />

nur der Aufsichtsrat selbst antragsbefugt ist. Während jedoch bei der Aktiengesellschaft<br />

nur die zeitliche Lücke bis zur nächsten Hauptversammlung zu<br />

schließen war, geht es hier um die gesamte restliche Amtszeit. Die Anforderungen<br />

an den „wichtigen Grund“ dürfen aus diesem Grund nicht überzogen<br />

werden. Nicht erforderlich ist ein „krasses gesellschaftswidriges Verhalten“ 4 .<br />

Ausreichend ist vielmehr jeder Umstand, der es für die Gesellschaft unzumutbar<br />

macht, dass dieses Mitglied weiterhin im Aufsichtsrat verbleibt und<br />

damit die Funktionserfüllung des Organs Aufsichtsrat erheblich gefährdet. Als<br />

wichtiger Grund anzusehen sind demnach etwa herabsetzende Äußerungen<br />

über die Geschäftsführer der Gesellschaft und heimliche Briefe an Behörden 5 ,<br />

die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht 6 , schwere Loyalitätskonflikte in<br />

der Person des Aufsichtsratsmitglieds 7 , die unzulässige Kontaktaufnahme eines<br />

Aufsichtsratsmitglieds mit Geschäftspartnern der Gesellschaft 8 . Nicht erforderlich<br />

ist es, dass bereits Schaden eingetreten ist; auch ist Verschulden<br />

nicht Voraussetzung 9 , aber mitzubewerten 10 . Bloße Interessengegensätze, die<br />

im Aufsichtsrat aufeinanderstoßen, sind grundsätzlich innerhalb des Organs<br />

1 OLG Köln, WM 1989, 104 = DB 1988, 2628 (Beschwerde gegen Abberufung).<br />

2 Eckardt, NJW 1967, 1010 und Hofmann, BB 1973, 1081 jeweils m.w.N.<br />

3 BGHZ 39, 116, 123; Eckardt, NJW 1967, 1010; Mertens, in: KölnKomm. AktG,<br />

§ 103 Rdnr. 32; a.A.: Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht,<br />

§ 6 MitbestG Rdnr. 71.<br />

4 So aber: BGHZ 39, 116, 123; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 204.<br />

5 Vgl. LG Frankfurt, NJW 1987, 505.<br />

6 AG München, WM 1986, 974 = WuB II A. § 103 Abs. 3 AktG 1.86 (Werner): fahrlässige<br />

Verhaltensweise begründet nur bei wiederholtem Verstoß die Abberufung; OLG Stuttgart,<br />

AG 2007, 218.<br />

7 Hans. OLG Hamburg, WM 1990, 311 (Jansen) = EWiR § 103 AktG 1/90, 115 (Hirte):<br />

Minister, der aktiver Kernkraftgegner ist, im Aufsichtsrat eines Energieversorgungsunternehmens,<br />

das sich entschieden hat, den Großteil der Energie aus Kernkraft zu<br />

gewinnen; s. auch Decher, ZIP 1990, 277; <strong>Dr</strong>eher, JZ 1990, 896.<br />

8 OLG Zweibrücken, WM 1990, 1388 = WuB II A. § 103 AktG 3.90 (Peterhoff).<br />

9 Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 103 Rdnr. 33; Werner, WuB II A. § 103 Abs. 3 AktG<br />

1.86.<br />

10 AG München, WM 1986, 974; Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 103 Rdnr. 35.<br />

Uwe H. Schneider | 3097<br />

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