Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Aufsichtsrat §52<br />
konflikt nicht offen und nimmt dennoch an der Entscheidung teil, trifft es im<br />
Schadensfalle die volle Beweislast, gleichwohl mit der Sorgfalt eines ordentlichen<br />
und gewissenhaften Überwachers gehandelt zu haben.<br />
ccc) Einzelfälle<br />
Aufsichtsratsmitglieder sind zur regelmäßigen Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen<br />
verpflichtet1 . Überschneidungen mit anderen Verpflichtungen entschuldigen<br />
nur, wenn nicht angemessen terminiert wurde.<br />
Aufsichtsratsmitglieder sind verpflichtet, sich umfassend zu informieren. Sie<br />
haben eine aktive Informationsbeschaffungspflicht. Dazu gehört auch eine entsprechende<br />
Vorbereitung von Aufsichtsratssitzungen. Es ist darauf hinzuwirken,<br />
dass die Geschäftsführer regelmäßig, zeitnah und umfassend Bericht erstatten.<br />
Bei Entscheidungen im Einzelfall haben die Geschäftsführer alle maßgeblichen<br />
Entscheidungskriterien aufzubereiten und hierüber zu berichten. Die<br />
Aufsichtsratsmitglieder haben zu beurteilen, ob die Information ausreicht. Gegebenenfalls<br />
muss ergänzt werden 2 . Die Pflicht zur Information besteht unabhängig<br />
davon, ob ein konkreter Anlass zu Misstrauen besteht oder nicht 3 . Erforderlich<br />
sein können auch persönliche Besichtigungen von Betriebsstätten<br />
oder von Bauprojekten im In- und Ausland, wenn dies für eine angemessene<br />
Beurteilung des Sachverhalts erforderlich ist 4 . Ermittlungen an den Geschäftsführern<br />
vorbei sind allerdings nur geboten, wenn ein Anlass besteht, dass sie<br />
nicht zutreffend informieren 5 .<br />
Entdeckte Missstände gebieten vertiefte Nachforschungen 6 . Erfährt ein Aufsichtsratsmitglied<br />
außerhalb einer Sitzung des Aufsichtsrats, und sei es auch<br />
nur in Form von Gerüchten, über schwerwiegende Vorgänge, so sind unverzüglich<br />
zunächst der Aufsichtsratsvorsitzende und, wenn dieser nicht die Information<br />
der anderen Aufsichtsratsmitglieder übernimmt, alle anderen Aufsichtsratsmitglieder<br />
zu unterrichten 7 . Auch Gerüchten über ungewisse und unkorrekte<br />
Maßnahmen ist nachzugehen, wenn durch sie eine existenzielle Gefährdung<br />
für die Gesellschaft begründet wird 8 . Weitergehende Nachforschungen<br />
1 Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 43; a.A. Skibbe, GmbHR 1961, 6. Aus den Protokollen der<br />
Aufsichtsratssitzungen der im Jahr 1994 in Krise geratenen Metallgesellschaft soll sich<br />
ergeben, dass im vorangegangenen Geschäftsjahr teilweise über die Hälfte der Anteilseignervertreter<br />
nicht anwesend war (Quelle: Börsen-Zeitung vom 26. 2. 1994).<br />
2 Roth, AG 2004, 1, 8; Kropff, in: FS Raiser, 2005, S. 238.<br />
3 BGH, NJW 1978, 425; OLG Düsseldorf, AG 1984, 275 (KG) = WM 1984, 1080; Kropff,<br />
in: FS Raiser, 2005, S. 231.<br />
4 OLG Düsseldorf, AG 1984, 275.<br />
5 Spindler, in: MünchKomm. AktG, § 90 Rdnr. 36; Hüffer, AktG, § 90 Rdnr. 11; <strong>Dr</strong>eher,<br />
in: FS Ulmer, 2003, S. 89; Brandi, ZIP 2000, 173; tendenziell weiter Kropff, in: FS<br />
Raiser, 2000, S. 238.<br />
6 BGH, WM 1979, 1425, 1427 (KG); Hüffer, ZGR 1981, 348; Hüffer, AktG, § 111 Rdnr. 7;<br />
Meyer, DStR 1997, 1894; kritisch: Schulze-Osterloh, ZIP 1998, 2129, 2133.<br />
7 LG Bielefeld, WM 1999, 2457 = ZIP 2000, 20 (H. P. Westermann) = BB 1999, 2630<br />
(Thümmel) = EWiR, § 116 AktG, 2000, 107 (v. Gerkan) = WuB II A. § 116 AktG 1.01<br />
(Ott); LG Dortmund, AG 2002, 97.<br />
8 LG Bielefeld, WM 1999, 2457.<br />
Uwe H. Schneider | 3155<br />
483<br />
484<br />
485