Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§52 Aufsichtsrat<br />
tige Teilnahme der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sichert 1 . Die Gegenansicht<br />
geht von der unvollständigen gesetzlichen Regelung im Mitbestimmungsgesetz<br />
und dem systematischen Ansatz aus. Hiernach sind bei der Auslegung<br />
die jeweiligen rechtsformspezifischen Besonderheiten maßgebend. Aus<br />
dem formalen Charakter des MitbestG 1976 ergebe sich im Zweifel ein Vorrang<br />
des Gesellschaftsrechts 2 .<br />
Die amtliche Begründung zum MitbestG 3 ist unklar. Sie spricht von der „weitgehenden<br />
Beibehaltung des geltenden Gesellschaftsrechts“, aber auch von der<br />
„gleichberechtigten und gleichgewichtigen Teilnahme der Anteilseigner und<br />
Arbeitnehmer an den Entscheidungsprozessen im Unternehmen“. Daher kann<br />
das „Mitbestimmungstelos“ (Naendrup) nur dann Auslegungsmaßstab sein,<br />
wenn sich aus dem Gesetz eindeutig ergibt, dass rechtsformspezifische Merkmale<br />
zurücktreten sollen. In den anderen Fällen muss angesichts des Kompromisscharakters<br />
des Gesetzes dem Wortlaut der Vorschriften besondere Bedeutung<br />
zugemessen werden 4 und Ziel der Auslegung sein, die gesellschaftsrechtliche<br />
und die mitbestimmungsrechtliche Regelung unter Berücksichtigung der<br />
Interessen der Anteilseigner, der Arbeitnehmer und der Funktionsfähigkeit des<br />
Unternehmens in Einklang zu bringen 5 .<br />
2. Die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats<br />
Anstelle durch Bestimmungen in der Satzung können die innere Ordnung des<br />
Aufsichtsrats und eine Reihe anderer Fragen auch in einer Geschäftsordnung<br />
geregelt werden 6 . Es besteht eine Regelungsalternative. Ihr Umfang ist beim<br />
mitbestimmten Aufsichtsrat streitig.<br />
Zuständig für den Erlass einer Geschäftsordnung für den fakultativen Aufsichtsrat,<br />
aber auch für den Aufsichtsrat nach <strong>Dr</strong>ittelbG sind sowohl die Gesellschafterversammlung<br />
(organexterne Geschäftsordnung) als auch der Aufsichtsrat<br />
selbst (organinterne Geschäftsordnung) 7 . Die Gesellschafter könnten die Regelungen<br />
in der Satzung vornehmen 8 . Was sie aber in der Satzung regeln kön-<br />
1 So: Naendrup, in: GK-MitbestG, § 25 Rdnr. 13; Naendrup, AuR 1977, 228; Reich/Lewerenz,<br />
AuR 1976, 263; Steindorff, in: FS Larenz, 1973, S. 217.<br />
2 Für MitbestG: Martens, ZHR 138 (1974), 225; Martens, AG 1976, 119; Hölters, BB 1975,<br />
797; Hoffmann, BB 1976, 1237; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, S. 610; Wiedemann,<br />
ZGR 1977, 160; für <strong>Dr</strong>ittelbG und MontanMitbestG: Boldt, Mitbestimmungsgesetz<br />
Eisen und Kohle, 1952, § 3 Anm. 3b; A. Hueck, DB 1951, 186.<br />
3 BT-<strong>Dr</strong>ucks. 7/2172, S. 17.<br />
4 Canaris, DB 1981, Beilage 14, S. 1.<br />
5 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG<br />
Rdnr. 6: keine Patentlösung; Reuter, AcP 179 (1979), 510; Mertens, AG 1981, 3;<br />
Raiser, § 25 MitbestG Rdnr. 7 ff.; anders aber: Raiser, BB 1977, 1462.<br />
6 <strong>Dr</strong>eher, in: Feddersen/Hommelhoff/Uwe H. Schneider (Hrsg.), Corporate Governance,<br />
1996, S. 33, 35; Siebel, in: Semler/v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder,<br />
2. Aufl., § 3 Rdnr. 58; Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 107 Rdnr. 163 ff.<br />
7 Wie hier wohl: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 63, 208; Skibbe, GmbHR 1961, 4.<br />
8 BGHZ 64, 325, 328; Hopt/Roth, in: Großkomm. AktG, § 107 Rdnr. 207; Hüffer, AktG,<br />
§ 107 Rdnr. 23 (nicht jedoch vollständige Geschäftsordnung).<br />
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Uwe H. Schneider