Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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§64 Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung<br />
venzantragspflicht“ (§ 15a InsO) abtrennbares „Zahlungsverbot“ aus § 64 Satz 1<br />
bzw. § 130a Abs. 1 Satz 1 HGB (Rdnr. 9). Vielmehr gibt es nur ein einheitliches<br />
Verbot der Insolvenzverschleppung, m.a.W. des Wrongful Trading (Anh. § 64<br />
Rdnr. 2, 15). Diese Einheitlichkeit des Verbots wird durch die redaktionelle Gestaltung<br />
des Gesetzes verdeckt, und zwar seit dem MoMiG (§ 15a InsO, § 64<br />
<strong>GmbHG</strong>, § 130a HGB) noch mehr als davor (Absätze 1 und 2 des § 64 a.F. und<br />
§ 130a HGB a.F.). Am Sachzusammenhang ändert dies nichts. (2) Die Haftung für<br />
Insolvenzverschleppung (Anh. § 64) umfasst den Ausgleich des Gesamtgläubigerschadens<br />
(§ 92), umfasst also den sog. Quotenschaden aller Insolvenzgläubiger,<br />
der Neugläubiger wie der Altgläubiger (Anh. § 64 Rdnr. 45, 58, 63; a.M. BGHZ<br />
138, 211 = GmbHR 1998, 594 = NJW 1998, 2667 = ZIP 1998, 776). Dieser Quotenschaden<br />
ist deckungsgleich mit der Geldsumme, um die die Insolvenzmasse aufgefüllt<br />
werden muss, um aus der nunmehr zu erwartenden Ist-Quote die bei<br />
rechtzeitigem Insolvenzantrag erzielbare Soll-Quote zu erzielen (Anh. § 64<br />
Rdnr. 61, 67) 1 . Mehr als diesen Gesamtgläubigerschaden müssen die Geschäftsführer<br />
nicht in die Masse einzahlen (a.M. BGHZ 146, 264, 275 = GmbHR 2001,<br />
190, 193 = NJW 2001, 1280, 1283 = ZIP 2001, 235, 239; BGH, GmbHR 2007, 596 =<br />
ZIP 2007, 1006). (3) Die durch das „Zahlungsverbot“ (§ 64 Satz 1, § 130a Abs. 1<br />
Satz 1 HGB) erfassten Zahlungen sind lediglich Schadensposten im Zuge der<br />
Insolvenzverschleppungshaftung. Die nach § 64 bzw. § 130a HGB geschuldete<br />
Zahlung ist Bestandteil des Quotenschadensersatzes wegen Insolvenzverschleppung.<br />
(4) Neugläubiger sind von der Schadensliquidation nach §§ 15a, 92 InsO<br />
ebenso wenig ausgeschlossen wie von der Verteilung der nach § 64 (bzw. § 130a<br />
HGB) in die Masse eingezahlten Beträge (Anh. § 64 Rdnr. 63, 65 f.; a.M. BGHZ<br />
138, 211 = GmbHR 1998, 594 = NJW 1998, 2667 = ZIP 1998, 776). Nur den durch<br />
die Quotendifferenz nicht gedeckten Individualschaden müssen sie individuell<br />
geltend machen (Anh. § 64 Rdnr. 58). (5) Die Rechtsnatur der Haftung für insolvenzauslösende<br />
Zahlungen nach Satz 3 des § 64 bzw. des § 130a HGB ist eine<br />
vollständig andere als die nach § 64 Satz 1 (Rdnr. 15).<br />
II. Der Tatbestand der „verbotenen Zahlungen“ nach § 64 Satz 1 und<br />
Satz 2<br />
1. Der Begriff der „Zahlungen“<br />
Der Begriff der „Zahlungen“ ist – ähnlich wie bei § 30 Satz 1 – untechnisch<br />
gemeint und weit auszulegen 2 . Gemeint sind masseschmälernde Vermögensleistungen<br />
aus dem Gesellschaftsvermögen. Es verhält sich mit dem Begriff der<br />
WM 2001, 666, 670 f.; in vielem ähnlich Poertzgen, Organhaftung, S. 322 ff.; Casper, in:<br />
Ulmer, Rdnr. 76 ff.; Poertzgen, ZInsO 2006, 561, 566 f.; nur de lege ferenda diskussionsbereit<br />
Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 4.<br />
1 Im Ergebnis ähnlich die von Altmeppen (Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 27 ff.)<br />
angenommene Verlustdeckungspflicht; gleichwohl scharf gegen die hier vertretene Auffassung<br />
Altmeppen, ZIP 2001, 2201, 2206 f.<br />
2 BGHZ 126, 181, 194 = NJW 1994, 2220, 2223 = ZIP 1994, 1103, 1108; BGHZ 143, 184,<br />
186 f. = GmbHR 2000, 182, 183 = NJW 2000, 668 = ZIP 2000, 184, 185; BGH, NJW 2009,<br />
1598 = ZIP 2009, 956; OLG Hamburg, GmbHR 2005, 1497, 1501 = ZIP 2005, 1968,<br />
1971; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 9.<br />
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Karsten <strong>Schmidt</strong>