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Das Klima des Neuanfangs erfasst die Literatur. Die neuartigen
Taschenbücher machen Lesen erschwinglich. Manche Neuerscheinung
des Jahres 1948 wird zum Klassiker: Hans Falladas
»Jeder stirbt für sich allein« oder Norman Mailers »Die Nackten
und die Toten«. Max Horkheimer und Theodor W. Adorno publizieren
ihre »Dialektik der Aufklärung«. Im Kino entführt der
Heimatfi lm das Publikum in eine idyllische, unzerstörte Welt.
Der Wildbach rauscht, grün ist die Heide, und Gert Fröbe steht
als Otto Normalverbraucher in schlabberigen Klamotten ausgemergelt,
aber pfi ffi g seinen Mann. 1948 kommen auch de Sicas
»Fahrraddiebe« und der klassische Western »Red River« mit John
Wayne und Montgomery Clift ins Kino. Charmant: Christian Dior
erfi ndet den »New Look« mit zeitgemäßer Wespentaille und
schwingenden Säumen. Die Fesseln sind frei, aber noch ist es
kein Höhenfl ug.
Kurt Ganske entscheidet sich für Expansion und gründet für
seinen Lesezirkel Filialen in Hamburg, München und Würzburg.
Vergeblich versucht er das zarte Pfl änzchen seiner ostdeutschen
Unternehmungen zu retten. Immerhin haben in der sowjetisch
besetzten Zone schon über dreißigtausend Leser die Mappen
abonniert. Die Umwandlung der ostdeutschen Filialen in eine
selbständige Kommanditgesellschaft rettet sie nicht. Das Unternehmen
wird Volkseigentum und unter die Verwaltung der Post
gestellt.
Mehr Glück hat er mit der Währungsreform. Vor allem aber
kennt er als Kaufmann den Wert des Kleingeldes, er hat gewissermaßen
ein absolutes Gehör für klingende Münze. Für viele
ist die Währungsreform ein Schock. Der Schwarzmarkt bricht
zusammen. Jede ersparte Reichsmark wird von einem zum anderen
Tag abgewertet. Kapitalvermögen schnurren zusammen, aber
Schulden auch. Für beide gilt der Kurs zehn zu eins, Löhne und
Mieten werden eins zu eins berechnet. Wer aber Reichsmark in
bar umtauschen will, bekommt für 100 RM nur 6,50 DM. Jeder
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