20.12.2012 Aufrufe

Ganske_Lauf9.indd 1 01.11.2005 14:54:40 Uhr - Ganske ...

Ganske_Lauf9.indd 1 01.11.2005 14:54:40 Uhr - Ganske ...

Ganske_Lauf9.indd 1 01.11.2005 14:54:40 Uhr - Ganske ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Der Krieg ist aus. Kurt <strong>Ganske</strong> ist dreizehn. Der Junge wird<br />

die Heeresberichte gelesen haben, staunend wohl auch, wie sein<br />

zwei Jahre jüngerer Zeitgenosse Sebastian Haffner in Berlin: »Die<br />

Heeresberichte hatten immer nur von feindlichen Niederlagen gesprochen.<br />

Dass es so etwas auch für uns geben konnte – und zwar<br />

nicht als Zwischenfall, sondern als das Endergebnis von lauter<br />

Siegen und Siegen –, mein Kopf fasste es nicht«, schreibt er später<br />

in seinen »Erinnerungen eines Deutschen«.<br />

Richard <strong>Ganske</strong> kehrt heim. Noch mal davongekommen, als<br />

Teilnehmer am bisher schrecklichsten, unmenschlichsten aller<br />

Kriege, Überlebender der ersten Materialschlacht der Menschheitsgeschichte,<br />

der ersten Orgie moderner Massenvernichtung.<br />

Hat der Vater seiner Familie von Verdun erzählt? Sein Sohn stellt<br />

Fragen. Richard <strong>Ganske</strong> ist sparsam in seinen Auskünften. Die<br />

Schrecken des Stellungskrieges, die unheimlichen Gasschwaden,<br />

die Grabenkämpfe in der Knochenmühle, das Inferno der Granateinschläge,<br />

der Soldatenalltag am Rande des Wahnsinns, die<br />

idiotischen Befehle unfähiger, menschenverachtender Kommandeure<br />

– all das sind Erfahrungen, die von den Betroffenen eher<br />

verdrängt als diskutiert wurden, wie man heute weiß.<br />

Die Lage in Kiel hat sich beruhigt, vorübergehend jedenfalls.<br />

Zweimal gibt es noch Schießereien. Die Arbeiter- und Soldatenräte<br />

verschwinden. Nun erlebt Deutschland seine erste Demokratie.<br />

Kurt <strong>Ganske</strong> macht die mittlere Reife, hilft weiter im väterlichen<br />

Betrieb, beklebt Umschläge mit der örtlichen Werbung. Er hat<br />

schon als Junge die Mappen des Lesezirkels ausgetragen, mit dem<br />

Handwagen oder mit dem Fahrrad. Die erste Liebe? Ein Mädchen<br />

hatte es ihm wohl angetan. Sie haben Blicke gewechselt und ein<br />

paar Worte, Begegnungen ohne Verabredung, er weiß nicht einmal,<br />

wo sie wohnt. Eines Tages steht er vor einer Tür, mit den<br />

Mappen unter dem Arm. Das Mädchen öffnet, beide sind überrascht.<br />

Sie blickt auf die Mappen: »Ach, so einer bist du.« Das hat<br />

ihm einen Stich gegeben. Die erste Liebe wurde es nicht. Er fand<br />

<strong>Ganske</strong>_<strong>Lauf9.indd</strong> 31 <strong>01.11.2005</strong> <strong>14</strong>:55:12 <strong>Uhr</strong><br />

31

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!