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Europäische Kulturen entwickeln sich in ständigem Austausch, im<br />

›Nehmen und Geben‹ – Nationen müssen sich verstehen lernen,<br />

ehe sie sich verständigen können.«<br />

Kurt <strong>Ganske</strong> hat als Verleger einen schweren Start; es ist ein<br />

Hindernislauf mit immer neuen Hürden. Er stellt Harriet Wegener<br />

als Chefl ektorin ein. Fräulein Doktor Wegener, wie er<br />

sie nennt, studierte Nationalökonomin, hatte in Kiel das erste<br />

Frauenhaus gegründet, in Berlin den Kapp-Putsch miterlebt und<br />

schon vor dem Krieg für Hoffmann und Campe gearbeitet. 1939<br />

übertrug sie Paul Hazards Standardwerk »La crise de la conscience<br />

européenne« (»Die Krise des europäischen Geistes«) aus<br />

dem Französischen, das in der »Europa-Bibliothek« erschien.<br />

1942 nimmt sie ihre Tätigkeit auf und steuert, immer in telefonischer<br />

oder telegraphischer Verbindung mit Kurt <strong>Ganske</strong>, an<br />

der Seite von Martinus Christensen das Unternehmen durch den<br />

Krieg. Sie schafft ihr eigenes Reich; kauft einen Kanonenofen.<br />

Sein wärmender Radius wird zum Sammelpunkt kluger Gespräche,<br />

das Zentrum des Verlages.<br />

Für Hitler kennt sie nur Verachtung. »Schwein bleibt Schwein,<br />

und wenn es Perlen frisst«, sagt sie über ihn. Wie Julius Campe<br />

hundert Jahre zuvor, spielen nun der Däne und die Lektorin Katz<br />

und Maus mit der Zensur. Jede Neuerscheinung muss beantragt<br />

werden, auch scheinbar unverfängliche Neuausgaben klassischer<br />

Literatur. Im Propagandaministerium stapeln sich die Anträge;<br />

sie werden verschleppt, auf Linientreue geprüft, nach Monaten<br />

abgelehnt. Der Verlag formuliert den Antrag neu, ändert das Inhaltsverzeichnis,<br />

erfi ndet einen neuen Titel, reicht das Projekt<br />

wieder ein. Manchmal glückt es, manchmal nicht. Plötzlich ist<br />

alles anders, sehen sich die Verlage mit einer überraschenden<br />

Kurswende konfrontiert. Das Propagandaministerium verzichtet<br />

auf die anstrengende Schikane des Genehmigungsverfahrens und<br />

gibt den Verlagen freie Hand – auf eigenes Risiko. Die Methode<br />

ist perfi de, denn die Zensur bleibt. Aber jetzt schlägt das Fallbeil<br />

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<strong>Ganske</strong>_<strong>Lauf9.indd</strong> 84 <strong>01.11.2005</strong> 15:00:43 <strong>Uhr</strong>

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