Ganske_Lauf9.indd 1 01.11.2005 14:54:40 Uhr - Ganske ...
Ganske_Lauf9.indd 1 01.11.2005 14:54:40 Uhr - Ganske ...
Ganske_Lauf9.indd 1 01.11.2005 14:54:40 Uhr - Ganske ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
edselig. Aber er hat oft überraschende Fragen gestellt. Am<br />
Abend, im großen Zimmer, saßen wir oft zusammen am Tisch.<br />
Ohne seine Frau wäre weder der Haushalt noch das Familienleben<br />
in vernünftige Bahnen gekommen. Sie zog sich irgendwann<br />
zurück. Es wurde spät. Wir zwei sind dann übrig geblieben. Ihn<br />
trieb die Frage um: Was wird aus dieser Gegend, wenn die Russen<br />
kommen? Und was, wenn die Teilung bleibt? Er trug an der Last,<br />
sein Geld, seine Liebe, seinen Eifer in einen Ort investiert zu haben,<br />
der von ungewisser Zukunft überschattet war. Diese Gedanken<br />
haben ihn sehr geplagt. In diesen Stunden erlebte ich ihn als<br />
nachdenklichen Stammtischmenschen. Um zwölf haben wir dann<br />
nicht mehr viel Vernünftiges geredet. Um zwei sind wir ins Bett.«<br />
Zwischen Kurt <strong>Ganske</strong> und dem fünfzehn Jahre jüngeren Roegele<br />
entwickelt sich ein Vertrauensverhältnis. »Ich habe ihn gemocht«,<br />
erzählt der Professor. »Freundschaft war es nicht. Aber<br />
er hat mir Vertrauen geschenkt, mich zu Rate gezogen wie ein Familienmitglied.<br />
Es gab Geheimnisse, über die nie geredet wurde.<br />
Geduzt haben wir uns nicht, ich bin auch ein schlechter Duzer.«<br />
Sie reisen gemeinsam nach Spanien. Roegele besucht einen<br />
Kongress, <strong>Ganske</strong> den Escorial, immer wieder. »Er war viel gereist,<br />
auch mit seinem Fahrer. Spanien fehlte ihm noch in seiner Sammlung«,<br />
erzählt Roegele. »Wir fuhren mit meinem Dienstwagen,<br />
einem kleinen Mercedes. Er hat sich vorher vergewissert, dass er<br />
sich meinen Fahrkünsten anvertrauen konnte.« Sie fuhren über<br />
Freiburg, Nîmes, Barcelona. In einem Wäldchen bei Calatayud<br />
rasteten sie und sahen den Frauen und Kindern zu, die Walderdbeeren<br />
sammelten. »Wir fuhren weiter, ganz erfüllt von diesem<br />
schönen Bild, als K.G. plötzlich feststellte, dass er seinen Rock<br />
vergessen hatte! Er hatte ihn in dem Wäldchen an einen Baum<br />
gehängt. In dem Rock waren seine Brieftasche, sein Pass, das Carnet<br />
de Voyage. Und das werde ich nie vergessen: Als wir uns dem<br />
Wäldchen näherten, kamen uns die Kinder entgegengerannt und<br />
hielten den Rock hoch! Es fehlte nichts.«<br />
<strong>Ganske</strong>_<strong>Lauf9.indd</strong> <strong>14</strong>7 <strong>01.11.2005</strong> 15:01:30 <strong>Uhr</strong><br />
<strong>14</strong>7