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Besuch bei Gerda <strong>Ganske</strong>. Es ist still geworden im Schloss; die<br />

Geschäftsführer des Lesezirkel Daheim treffen sich woanders, Verleger<br />

und Geschäftsfreunde kommen nicht mehr zu Waldspaziergängen.<br />

Aber zu einigen Autoren hält die Witwe des Verlegers<br />

Kontakt. »Besonders befreundet bin ich mit Irina Korschunow.<br />

Sie bekommt immer das gleiche Zimmer; ich nenne es das ›Malenka-Zimmer‹.«<br />

Gerda <strong>Ganske</strong> ist 91 Jahre alt und in Gedanken bei ihrem Mann.<br />

»Er ist hier. Ich lebe mit ihm. Er war nie weg.« Das Gehen fällt ihr<br />

nicht mehr so leicht, aber ihre Stimme ist jung und warm, sie hat<br />

einen wachen Geist und ein gutes Erinnerungsvermögen. Die Erinnerungen<br />

gehören ihm. »Wenn ich ihn vor mir sehe, sehe ich<br />

ihn als jungen Mann«, sagt sie mit einem Lächeln. »Er war ein ganz<br />

zärtlicher, umgänglicher Mensch. Er konnte sehr fein sein und<br />

weich. Wir konnten gut zusammen tanzen, am liebsten englischen<br />

Walzer. Er hatte Spaß daran, das Gesellschaftliche zu imitieren:<br />

›Ich bitte um Ihre Hand, Madame.‹ Ich hatte das Gefühl, das kam<br />

aus seiner Zeit in Berlin. Ich war immer wieder verblüfft, wenn so<br />

etwas kam, denn das Gesellschaftliche interessierte ihn überhaupt<br />

nicht.« Sie lebt in seiner Welt; sein Zimmer, sein Schreibtisch, seine<br />

Bücherschränke, die Jagdtrophäen an den Wänden, sie hat nichts<br />

verändert. Sie spricht mit ihm, fragt sich bei vielem, was sie aus der<br />

Politik erfährt oder auch bei ganz alltäglichen Situationen, was<br />

K.G. wohl dazu sagen würde. Er bleibt ihr keine Antwort schuldig.<br />

An der Wand hängt eine Fotografi e, die ihr Sohn Thomas ihr geschenkt<br />

hat. Sie zeigt eine Landschaft, den Blick zum Friedhof von<br />

Hohenhaus. Dort liegt Kurt <strong>Ganske</strong> begraben. Sie blickt jeden Tag<br />

dorthin. Er hat einen Grabstein aus Schiefer, den Stein, den er so<br />

sehr mochte. »Der Schriftzug seines Namens stammt von seinem<br />

ersten Liebesbrief. Meinen Schriftzug habe ich gleich mitmachen<br />

lassen. Er liegt oben bei mir im Schrank.« Sie hat ihn bestellt, als<br />

sie ihren Mann zu Grabe trugen.<br />

<strong>Ganske</strong>_<strong>Lauf9.indd</strong> 224 <strong>01.11.2005</strong> 15:04:49 <strong>Uhr</strong>

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