Ganske_Lauf9.indd 1 01.11.2005 14:54:40 Uhr - Ganske ...

Gamaschen und Filzstiefel, Stahlhelm und Hosenträger. Zweimal
wird der Empfang von einem Stück Kernseife eingetragen. Mit
dem Soldbuch wird ihm auch das evangelische Feldgesangbuch
ausgehändigt, als geistige Nahrung. Es passt in jede Tasche, hat
kaum die Größe einer Zigarettenschachtel, und es enthält wichtige
Informationen über das deutsche Soldatentum (»Die Ehre
des Soldaten liegt im bedingungslosen Einsatz seiner Person für
Volk und Vaterland bis zur Opferung seines Lebens«) und Gebete
für Führer, Volk und Wehrmacht (»Lass uns ein heldenhaftes
Geschlecht sein und unserer Ahnen würdig werden«). Der Choral
Nummer 62, »Ein Haupt hast du dem Volk gesandt«, ist zu Führers
Geburtstag zu singen.
Kurt Ganske wird an der Heimatfront eingesetzt, gräbt in Schutt
und Trümmern nach Bombenopfern und sucht nach Überlebenden.
Hannover wird elfmal bombardiert und, wie alle großen
deutschen Städte, schwer getroffen. Brandbomben entfachen
Feuerstürme und verwandeln die Straßen in eine Flammenhölle,
in der alle Löschversuche scheitern. Am Ende des Krieges sind in
Hannover fünfzig Prozent aller Wohnhäuser zerstört, nur sechs
Prozent haben keine oder nur leichte Bombenschäden. Trotzdem
leben in den Trümmern noch 200 000 Menschen.
Die militärische Laufbahn des Gefreiten Kurt Ganske verläuft
unspektakulär. Nach der Beförderung zum Obergefreiten wird der
Sold geringfügig erhöht, zum Unteroffi zier hat er es nie gebracht.
Keine Auszeichnung, keine Verwundung. Er wird ausgerüstet, in
Marsch gesetzt, in Stellung gebracht und ins Feuer geschickt, wie
alle anderen auch – eine von zwei Millionen taktischen Spielfi -
guren in Feldgrau. Er folgt den Befehlen eines Oberleutnants,
der bei heftigem Feuer brüllt: »Auf, auf, ihr Hunde! Oder ich
schieß euch alle über den Haufen!« Er wird von der Reserve ins
Feldheer entsandt, schiebt Wache in Calais, dem Bollwerk weißer
Kreidefelsen – Luftaufklärung in vorderster Linie. Die Aufgabe:
Feindfl ugzeuge zählen und melden.
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