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Es wechseln die Moden.<br />
Aber der Hosenboden<br />
Bleibt sinngemäß<br />
Immer unterm Gesäß.<br />
Die Nachwelt ist gut über das Leben am Sachsenplatz informiert,<br />
denn einer der Mieter hat alles aufgeschrieben: Fred Hildenbrandt,<br />
Feuilletonchef des Berliner Tageblatt, elegant und selbstbewusst<br />
und ein guter Beobachter. Er wird zum Chronisten der<br />
grünen Prominenteninsel, erzählt vom Ufa-Star Willi Forst, dem<br />
Frauenschwarm, dem auch Marlene Dietrich erlag, und vom<br />
rundlichen Komponisten Paul Hindemith, Sachsenplatz 1, Parterre,<br />
seit Frühjahr 1927 Professor an der renommierten Berliner<br />
Musikhochschule in Charlottenburg. Gemeinsam mit Kurt<br />
Weill komponiert er die Musik zu Bertolt Brechts »Lindberghfl<br />
ug«. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wird der<br />
Komponist aus dem Musikleben verdrängt. 1936 riskiert Wilhelm<br />
Furtwängler mit der Aufführung der Hindemith-Oper »Mathis<br />
der Maler« einen Skandal, tritt, wenn auch nur vorübergehend,<br />
von allen seinen Ämtern zurück. Hindemiths Musik gilt als »Kulturbolschewismus«.<br />
1938 wird er mit seiner Frau Gertrud in die<br />
Türkei emigrieren.<br />
Die neue Zeit schickt ihre Kuriere. Am Sachsenplatz, im selben<br />
Haus, direkt neben Hindemith, wohnt Veit Harlan mit seiner<br />
zweiten Frau, der Schauspielerin Hilde Körber, und seinen<br />
drei Kindern. Der Schauspieler am Berliner Staatstheater bekennt<br />
sich 1933 zu den Nationalsozialisten und kommt später<br />
als Regisseur des perfi den, antisemitischen Propagandafi lms »Jud<br />
Süß« zu fragwürdigem Ruhm. Immerhin: Trotz seiner Nähe zum<br />
Propagandaministerium verschafft er 1935 seiner in Ungnade<br />
gefallenen Kollegin Henny Porten noch eine Rolle in seinem<br />
ersten Film »Krach im Hinterhaus«. Die bis dahin sehr populäre<br />
Filmschönheit gerät zunehmend ins Abseits, weil sie sich – trotz<br />
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