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Die Internationale I.A.A. V 0.2

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ETWAS ÜBER DIE LAGE DER VOLKSBILDUNG IN RUSSLAND 27<br />

Dorflehrer und diejenigen der Gymnasien und Volksschulen) sind zum<br />

hungern verurteilt. Im Artikel „Ueber den Schullehrer und die Sowjetstenotypistin",<br />

(„Prawda", Nr. 84, 12. IV. 1924) lesen wir: „Ein hochqualifizierter<br />

Pädagoge bekommt weniger als eine Sowjet-Stenotypistin.<br />

Dringende Mittel tun not." Seine Ausführungen belegt der Verfasser<br />

mit einigen Tatsachen. (Man könnte noch viel erschütterndere Tat-<br />

Sachen bringen, aber wir wollen uns damit begnügen, weil wir es in<br />

einer amtlichen Zeitung von einem Parteimitglied geschrieben finden).<br />

„1. Tatsache: Eine ganz einfache Stenotypistin bekommt in einigen<br />

unserer Regierungs-Wirtschaftsanstalten 10—12 Tscherwonjetz (Anm.<br />

d. Red.: 1 Tscherwonjetz = ungefähr 18 Goldmark), ein hochqualifizierter<br />

Pädagoge mit Universitätsbildung, der im Gymnasium unterrichtet,<br />

bekommt 3 Tscherwonjetz. (Anm. der Red. dieses Gehalt bezieht<br />

sich auf den Monat.) 2. Tatsache: Ein praktizierender Ingenieur,<br />

der beispielsweise bei der ehrenwerten Elektrostroi (Anm. d. Red.:<br />

Staatl. Elektrizitätsgesellschaft) angestellt ist, bekommt 50—80 Tscherwonjetz,<br />

und ein Professor der Moskauer Universität, der diesen<br />

Ingenieur vorbereitet hat, bekommt 5—7 Tscherwonjetz monatlich."<br />

Und weiter: „Auf der Delegiertenversammlung der Bildungsarbeiter<br />

des Baumannviertels (Anm. d. Red.: Stadtteil in Moskau) am 3. IV. 24,<br />

hat man nach einem Vortrag des Genossen Popoff, eines Mitglieds<br />

des Moskauer Sowjets, über die Arbeit der Sektion der Moskauer<br />

Staatsabteilung der Volksbildung, demselben einige orginelle Fragezettel<br />

gegeben, die sehr deutlich die Beziehung der Lehrerschaft zur<br />

Lohnfrage charakterisieren. „Weiß denn der Moskauer Sowjet, daß wir<br />

dank dem niedrigen Arbeitslohn schlimmer als das Vieh leben?",<br />

schreibt eine Lehrerin. — „Ich habe dem Domkom (Anm. d. Red.: entspricht<br />

ungefähr dem Mieterrat) drei Bescheinigungen über die Norm<br />

meines Arbeitslohnes vorgelegt, aber der Domkom-Vorsitzende glaubte<br />

mir nicht. Er sagt, er habe nie gehört, daß irgendwo solche Lohnnormen<br />

existierten", so erklärt ein Arbeiter eines Kinderheims unter<br />

allgemeinem Gelächter und Beifall der Versammelten.<br />

Es ist sehr natürlich, daß der jämmerliche Arbeitslohn die Lehrer<br />

dazu zwingt, mehrere Stellungen zu gleicher Zeit anzunehmen. Aber<br />

erstens stört das sehr die Arbeit an und für sich, und zweitens bringt<br />

es einen großen Prozentsatz Lehrererkrankungen mit sich. Ein<br />

Pädagoge, der gezwungen ist, täglich 10—12 akademische Stunden zu<br />

geben, „ist ein Jahr später ein Neurhasteniker; er verliert die Stimme,<br />

wird blutarm und letzten Endes unvermeidlich tuberkulös."<br />

Nachdem uns der Verfasser des obigen Artikels die ganze Lage<br />

geschildert hat, stellt er die Frage: „Wo ist ein Ausweg?" Und er<br />

antwortet: „Es gibt keinen Ausweg." So pessimistisch endet der<br />

Artikel. Und dabei ist zu bemerken, daß so die Lage nicht irgendwo in<br />

der fernen Provinz ist, sondern im „roten" Moskau, einige Schritte vom<br />

Volksbildungs - Kommissariat entfernt, vor der Nase von Herrn<br />

Lunatscharski, dem gelehrten Schwätzer von Volksbildung und dem<br />

Spezialisten in Theaterangelegenheiten. Aber Herr Lunatscharski ist<br />

ein sehr beschäftigter Mensch. Er schreibt und schreibt und schreibt.<br />

Er schreibt Dramen, Komödien und dazwischen Dekrete, hochgelehrte

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