Die Internationale I.A.A. V 0.2
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Unter solch verworrenen Zuständen<br />
kam im März 1920 der Generalstreik zugunsten<br />
der Befreiung der politischen Gefangenen<br />
zustande. Entgegen aller Erfahrung<br />
und allen Regeln marxistischer<br />
Taktik wurde dieser Streik mit dem bekannten<br />
großen Maul und mit der Drohung<br />
angekündigt, daß eventuell Bomben<br />
in der Hauptstadt der Republik explodieren<br />
würden. Bei den Vorbereitungen zum<br />
Streik zeigten zudem auch die im proletarischen<br />
Kampf bewährten Genossen eine<br />
gereizte Haltung, die man sich nicht mit<br />
Gewißheit erklären konnte, die aber zahlreiche<br />
Verhaftungen zur Folge hatte. <strong>Die</strong><br />
anerkanntesten Mitglieder der F.O.R.A.<br />
beobachteten deshalb mit kühler Ruhe und<br />
Mißtrauen die Vorbereitungen zum Generalstreik.<br />
<strong>Die</strong> Redaktion von „La Protesta"<br />
weigerte sich entschieden, sich und<br />
die Sache des Anarchismus in dieser<br />
kopflos inszenierten Bewegung zu kompromittieren.<br />
Half alles nichts! Der inzwischen<br />
gewählte Generalrat der F.O.R.A.<br />
proklamierte den Generalstreik, während<br />
die Diskussionen über diesen folgenschweren<br />
Schritt noch eifrig weiter plätscherten.<br />
Dem wüsten Durcheinander der Vorbereitungen<br />
entsprach dann auch das Endresultat:<br />
Ein absoluter Reinfall für unsere<br />
Organisation, der dem Fluch der Lächerlichkeit<br />
anheimfiel. <strong>Die</strong> angekündigten<br />
berühmten Bomben, die Tod und Verderben<br />
speien sollten, fielen alle in die Hände<br />
der Polizei. Unsere Kameraden, die sich<br />
im guten Glauben an den Vorbereitungen<br />
des Streiks beteiligt hatten, wurden alle<br />
verhaftet. Nur die geistigen Urheber<br />
dieses mehr als fragwürdigen Spektakel-<br />
Stücks wurden ganz und gar nicht belästigtl<br />
Natürlich! Denn einige Monate<br />
später stellte sich heraus, daß dieser Streik<br />
durch das Polizeidepartement mit Hilfe<br />
seines Agenten (Juan Portas) inspiriert<br />
worden war. <strong>Die</strong>se schofelste aller Kreaturen<br />
hatte das unverdiente Glück, 1923<br />
eines natürlichen Todes zu sterben. Einen<br />
hoffentlich dauernden Vorteil hatte diese<br />
Tragikomödie aber doch im Gefolge: Geeignete<br />
Kontrollmaßnahmen, die in Zukunft<br />
das Einschwärzen zweideutiger<br />
Elemente an verantwortlichen Stellen verhindern<br />
werden.<br />
Der außerordentliche Kongreß der<br />
F.O.R.A.<br />
Während der letzten September- und<br />
ersten Oktobertage 1920 tagte in Buenos-<br />
Aires ein außerordentlicher Kongreß der<br />
F.O.R.A. Daran nahmen teil: Etwa 400<br />
ARGENTINIEN<br />
Organisationen, die der Föderation der<br />
F.O.R.A. angeschlossen waren, 56 autonome<br />
Organisationen und 192, die mit den<br />
Grundsätzen der F.O.R.A. sympathisierten.<br />
<strong>Die</strong>se Gesamtvertreter boten ein Bild<br />
hoffnungsvoller Stärke. Fast einstimmig<br />
bekannten sich die Teilnehmer zum kommunistischen<br />
Anarchismus. Eine Ent-<br />
Schließung, die sich vollständig mit der<br />
Entschließung des Kongresses von 1905<br />
deckte. Zwar traten in den vorher gepflogenen<br />
Diskussionen Neigungen zur<br />
parteikommunistischen „Diktatur des Proletariats<br />
zutage, die sich jedoch nach<br />
stündlichem Meinungsaustausch reibungslos<br />
verflüchtigten.<br />
<strong>Die</strong>sen Entschließungen reihten sich<br />
noch zwei weitere an, die sich auf die<br />
Bildung einer <strong>Internationale</strong> der Anarchisten-Syndikalisten<br />
bezogen und nach<br />
den Grundsätzen der I. <strong>Internationale</strong><br />
gestaltet werden sollte.<br />
Um die Wiederkehr aussichtsloser Fusionsanträge<br />
herabzumindern, wurde nach<br />
eingehender Diskussion eine weitere Resolution<br />
angenommen, wonach derartige<br />
Anträge nur dann zur Beratung gelangten,<br />
wenn sie nicht im Widerspruch mit den<br />
Grundlagen der F.O.R.A. stehen.<br />
Zudem akzeptierte der Kongreß eine<br />
von der F.O.R.A. des neunten Kongresses<br />
aufgestellte Forderung, die sich mit der<br />
Befreiung von wegen Teilnahme an sozialen<br />
Kämpfen verurteilten Gefangenen<br />
befaßt, unausgesetzten Kampf gegen reaktionäre<br />
Gesetzgebung und absolute Freiheit<br />
für die gesamte Arbeiterpresse<br />
fordert.<br />
Das Problem der Einigung.<br />
Gestützt auf die Resolutionen eines<br />
außerordentlichen Kongresses und im<br />
guten Glauben betrieben wackere Genossen<br />
die Zusammenfassung aller Arbeiterassoziationen<br />
in eine einzige zentralistische<br />
Organisation. Das waren die gutgläubigen<br />
Nachläufer der „Bandera Roja". Urheber<br />
waren die Macher dieses Blattes, denen<br />
die Deportation nach Usuhaia die Märtyrerkrone<br />
eingebracht hatte, von dem<br />
Präsidenten der Republik, dem Schlaumeier<br />
Irigoyen, aber bald amnestiert wurden,<br />
um sie als wirkungsvolle Maultrommeln<br />
gelegentlich der bevorstehenden<br />
Wahlen an Seinen seinem Wagen ziehen<br />
zu lassen. Und in diese plumpe Falle<br />
verirrten sich auch Genossen aus unseren<br />
eigenen Reihen. Trotz eifrigem Tamtam<br />
seitens jener Genasführten kamen die