Die Internationale I.A.A. V 0.2
Die Internationale I.A.A. V 0.2
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den Streik, an welchem nur in Enschede<br />
die gesamte Arbeiterschaft teilnahm.<br />
Auch die reformistisch Organisierten, obwohl<br />
die Führer dieser Organisationen<br />
während der Aussperrung schon viele<br />
Konzessionen an die Arbeitgeber gemacht<br />
hatten. Nach einigen Wochen mußten<br />
aber auch diese Arbeiter kapitulieren,<br />
weil die christlichen Gewerkschaften und<br />
die Streikbrecher alles daran setzten, die<br />
streikenden Arbeiter zu besiegen.<br />
Der N.S.V. war an diesem Kampf mit<br />
etwa 700 Mitgliedern beteiligt, die reformistische<br />
Organisation mit etwa 2500 und<br />
das N.A.S. nur mit 7 Mitgliedern. Der<br />
N.S.V. brachte für finanzielle Unterstützung<br />
der kämpfenden Kameraden<br />
etwa 100000 Gulden durch freiwillige<br />
Sammlung auf.<br />
Neben diesem Kampf in der Textilindustrie<br />
war der N.S.V. bei verschiedenen<br />
Kämpfen von geringerem Umfang und<br />
Bedeutung gegen Lohnherabsetzung und<br />
Arbeitszeitverkürzung beteiligt, wie im<br />
Baugewerbe, der chemischen Industrie,<br />
Metallindustrie, Kleiderindustrie, Nahrungsmittelindustrie,<br />
bei den Hafen- und<br />
Transportarbeitern.<br />
1924 wurden vom N.S.V. an ausländische<br />
Kameraden, welche aus politischen Gründen<br />
nach Holland flüchteten, etwa 500<br />
Gulden an finanzieller Unterstützung ausgegeben.<br />
Auf politisch-ökonomischem Gebiete<br />
setzte die Reaktion 1924 weiter fort. <strong>Die</strong><br />
Regierung kam mit Gesetzentwürfen, wobei<br />
die indirekten Steuern — Einfuhrtarife<br />
— um 10% erhöht wurden. Außerdem<br />
wurden noch sonstige Lebensmittel<br />
mit Extrasteuern belastet. Um die<br />
Staatskassen zu füllen, wurde eine neue<br />
Steuer auf Fahrräder von 3 Gulden pro<br />
Fahrrad erhoben. <strong>Die</strong>se Steuer soll pro<br />
Jahr etwa 5 Millionen Gulden einbringen.<br />
Unter dem Druck der Unternehmerreaktion<br />
wurde die Arbeitslosenunter-<br />
Stützung verschlechtert. <strong>Die</strong> wöchentlichen<br />
Beiträge, die von den Arbeitern zu zahlen<br />
sind, wurden vielfach erhöht. Es gibt Arbeitslosenkassen,<br />
an die die Arbeiter einen<br />
Wochenbeitrag von 50 Cent bis zu einem<br />
Gulden bezahlen müssen. Der Unterstützungsbetrag<br />
wurde dagegen bedeutend<br />
herabgesetzt und die Zeit, in der der<br />
Arbeitslose „Recht" auf Unterstützung<br />
hat, bedeutend gekürzt.<br />
Auch auf dem Gebiete der Volksschulbildung<br />
setzte eine schwarze Reaktion<br />
ein. <strong>Die</strong> Ausgaben für die Volksschulen<br />
HOLLAND 129<br />
wurden herabgesetzt. Viele Lehrer wurden<br />
entlassen und auf sogenannte „Wartegelder"<br />
gesetzt. Unterstützungen für<br />
Kunst und Wissenschaft wurden einfach<br />
eingezogen. Anstatt sieben Schuljahre<br />
für das Arbeiterkind wurden sechs Schuljahre<br />
gesetzt.<br />
Nicht nur die „christliche" Regierung<br />
und die Arbeitgeber schürten diese Reaktion,<br />
sondern auch die sozialdemokratischen<br />
Stadtverwalter in Amsterdam<br />
und sonstigen Orten beteiligten sich hieran.<br />
In Amsterdam setzte der Sozialdemokratische<br />
Stadtrat, unter dessen Departement<br />
die Gemeindebetriebe standen, die<br />
Löhne der Gemeindearbeiter herab und<br />
schaffte den Achtstundentag ab. <strong>Die</strong> reformistischen<br />
Gewerkschaften, die der<br />
Amsterdamer <strong>Internationale</strong> angeschlossen<br />
und der Sozialdemokratischen Partei<br />
Hollands untergeordnet sind, verteidigten<br />
diese sozialdemokratische reaktionäre Politik.<br />
Als aber in einer Mitgliederversammlung<br />
dieser Organisationen die Reaktion<br />
von den Arbeitern mit großer<br />
Majorität abgewiesen wurde, wurde eine<br />
Woche darauf noch einmal eine Mitgliederversammlung<br />
einberufen, und dort<br />
wurde mit gewandten Kunstgriffen seitens<br />
der reformistischen sozialdemokratischen<br />
Gewerkschaftsführer auf die Arbeiter<br />
„eingeredet", so daß die Lohnherabsetzungen<br />
und die Arbeitszeitverlängerung akzeptiert<br />
wurden.<br />
<strong>Die</strong> Kommunistische Partei Hollands, mit<br />
der das N.A.S. in vielen Aktionen zusammen<br />
auftrat, treibt eine sehr demagogisch-politische<br />
Aktion. Bei diesen Aktionen<br />
wird immer auf die schlechten<br />
Charaktereigenschaften der schwer betroffenen<br />
Arbeiter spekuliert. Uebrigens<br />
hat diese Partei sehr wenig Bedeutung.<br />
.Sic hat in fünf Jahren eine Mitgliederzahl<br />
von etwa 1200 erreicht. Ihre politische<br />
Existenz ist auf die annormalen Nachkriegsverhältnisse<br />
aufgebaut. In den<br />
Reihen der Arbeiterschaft, wo die Lebensverhältnisse<br />
etwas besser sind als die<br />
allerschlechtesten, hat die Partei außerordentlich<br />
wenig Anhang.<br />
<strong>Die</strong> anarchistische Bewegung Hollands<br />
bietet kein schönes Bild. Sie ist verzweiflungsvoll<br />
zersplittert, und ein großer<br />
Teil steht der Gewerkschaftsbewegung im<br />
allgemeinen und auch dem N.S.V. sehr<br />
feindlich gegenüber. In bezug auf die<br />
praktischen Lebensfragen und Lebensverhältnisse<br />
stellt man sich auf einen negativen<br />
und nur destruktiven Standpunkt.<br />
<strong>Die</strong> Richtung, die sich dem „Vrye So-