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Die Internationale I.A.A. V 0.2

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8 WANDLUNG IN DER STAATSAUFFASSUNG DER SOZIALDEMOKRATIE<br />

rische Seite zu legen und die positive gesetzgeberische Tätigkeit nur in der Voraussetzung<br />

zu pflegen, daß bei dem heutigen Stand der Parteigruppierung und der ökonomischen<br />

Verhältnisse über die Tragweite dieser positiven Tätigkeit im Parlament für<br />

die Klassenlage der Arbeiter in politischer wie in ökonomischer Hinsicht kein Zweifel<br />

gelassen und keine Illusion geweckt werden kann."<br />

Das war ungefähr das, was unsere Kommunisten heute in ihrem<br />

politischen Rotwelsch „antiparlamentarischen Parlamentarismus"<br />

nennen. Aber diese Stellung der Sozialdemokratie änderte sich in dem<br />

Maße wie die Zahl ihrer Wähler sich vermehrte, und es lag in der<br />

Natur der Sache, daß die positive Mitarbeit die rein negative Betätigung<br />

früher oder später verdrängen mußte. Aber mit derselben Notwendigkeit,<br />

mit der sich aus dem negativen Parlamentarismus die positive<br />

Mitarbeit ergab, mußte die positive Mitarbeit notgedrungen zum<br />

Ministerialismus der Revisionisten führen. Was half es, daß man den<br />

Revisionismus auf fünf oder sechs Kongressen mausetot schlug, wenn<br />

er nach jeder „Niederlage" um so kräftiger emporblühte? Es war ein<br />

Schauspiel für Götter, zu sehen, wie die unentwegten Verfechter des<br />

Marxismus in Reinkultur jedesmal die Scheiter herbeischleppten, auf<br />

denen die Bernstein, Vollmar, Heine, Auer usw. gebraten werden<br />

sollten. Nicht einmal ausräuchern konnte man den „inneren Feind",<br />

geschweige verbrennen.<br />

Auf dem <strong>Internationale</strong>n Sozialistenkongreß in Paris im Jahre 1900<br />

brachte Kautsky eine Resolution ein, derzufolge die Sozialdemokratie<br />

„einen Anteil an der Regierungsgewalt innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft<br />

nicht erstreben kann."<br />

Im Jahre 1903 nahm dann der Dresdener Parteitag eine Resolution<br />

an, die von den Radikalen eingebracht wurde und in der es unter<br />

anderem heißt:<br />

„Daher ist der Parteitag im Gegensatz zu den in der Partei vorhandenen revisionistischen<br />

Bestrebungen der Ueberzeugung, daß die Klassengegensätze sich nicht abschwächen,<br />

sondern sich stetig verschärfen und erklärt:<br />

1. daß die Partei die Verantwortlichkeit ablehnt für die auf der kapitalistischen<br />

Produktionsweise beruhenden politischen und wirtschaftlichen Zustände und daß sie<br />

deshalb jede Bewilligung von Mitteln verweigert, welche geeignet sind, die herrschende<br />

Klasse an der Regierung zu erhalten;<br />

2. daß die Sozialdemokratie, gemäß der Resolution Kautsky des <strong>Internationale</strong>n<br />

Sozialistenkongresses zu Paris im Jahre 1900, einen Anteil an der Regierungsgewalt<br />

innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft nicht erstreben kann.<br />

Der Parteitag verurteilt ferner jedes Bestreben, die vorhandenen stets wachsenden<br />

Klassengegensätze zu vertuschen, um eine Anlehnung an bürgerliche Parteien zu<br />

erleichtern."<br />

Vierzehn Jahre später fegte der Krieg alle diese Grundsätze über<br />

den Haufen und schuf sozusagen die Grundlage für die Regierungsfähigkeit<br />

der Sozialdemokratie, welche sie sich durch ihren Burgfrieden<br />

mit den Kapitalisten und ihr Durch-dick-und-dünn-gehen mit<br />

den Mächten der politischen und militärischen Reaktion redlich<br />

erworben hatte.<br />

Nach dem Untergang des alten Regimes änderte sich die Stellung<br />

der Sozialdemokratie zur bürgerlichen Regierung vollständig, und sogar<br />

die intransigentesten Befürworter des radikalen Marxismus, für die<br />

jeder Revisionist bisher der Inbegriff alles Uebels gewesen, vergaßen<br />

plötzlich ihre unerschütterlichen Grundsätze, die „bisherige bewährte

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