Die Internationale I.A.A. V 0.2
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40 POLEN<br />
denen die Arbeiterklasse ausgesetzt war,<br />
zwangen die Massen, zu immer gewaltsameren<br />
Gegenaktionen und Mitteln zu<br />
greifen.<br />
Im Jahre 1905 entstand eine anarchistische<br />
Gruppe in Bielostok, die sich<br />
„Kampf" nannte. <strong>Die</strong> Stadt wurde zum<br />
ständigen Zentrum der anarchistischen<br />
Bewegung. Der „Kampf" führte eine intensive<br />
Propaganda, gab viele Broschüren in<br />
russischer und jüdischer Sprache heraus<br />
wie auch zeitgenössische Blätter und<br />
Zeitungen, für die Bauern und die Armee<br />
bestimmt. — An den Versammlungen<br />
nahmen regelmäßig zirka 600—800 aktive<br />
Mitglieder teil. Sie führten Streiks unter<br />
Anwendung von ökonomischem Terror,<br />
die sehr günstig ausfielen. Zur Zeit der<br />
allgemeinen Arbeitslosigkeit wurde mit<br />
Gewalt Brot aus den Bäckereien geholt<br />
und unter die Hungernden verteilt. <strong>Die</strong>se<br />
Art direkter Aktion empörte die politischen<br />
Parteien sehr, und sie Schleuderten<br />
die größten Schmähungen gegen die<br />
Anarchisten.<br />
<strong>Die</strong> Gruppen verfügten über eine geheime<br />
Druckerei mit dem Titel „Anarchist",<br />
welche im Jahre 1906 entdeckt<br />
wurde, wobei einige Genossen verhaftet<br />
wurden.<br />
In der Umgegend von Bielostok, wie<br />
Sekosti (wo bei bewaffnetem Aufstand<br />
der Anarchisten gegen die Polizei der Genosse<br />
Salomon Buchwaiz fiel), Ruzany,<br />
Bielitz, Ciechanowitsche usw., existierten<br />
ebenfalls anarchistische Gruppen, die<br />
immer in Verbindung mit Bielostok standen.<br />
In Ruzany führten sie viele Streiks<br />
aus. <strong>Die</strong> Bauerngruppe führte eine aktive<br />
Propaganda in Bielitz und Orlo.<br />
Aus einzelnen Ereignissen ersieht man,<br />
daß die anarchistische Bewegung energisch<br />
für die soziale Befreiung kämpfte.<br />
Aktiven Anteil nahmen die Anarchisten<br />
im Jahre 1905. Einige von ihnen waren<br />
aktive Mitglieder des Arbeiterrats und<br />
übten einen großen Einfluß auf die gesamte<br />
Arbeiterschaft aus. Im Jahre 1906<br />
existierte in Bielostok eine größere „Anarchistische<br />
Föderation", die einen anarcho-syndikalistischcn<br />
Charakter trug. Es<br />
waren 4 Berufsorganisationen vorhanden,<br />
nämlich: Weber, Tischler, Schneider und<br />
Färber. <strong>Die</strong> Gruppen bestanden fast ausschließlich<br />
aus Polen und Juden. Ihre<br />
Tätigkeit bestand im Organisieren von<br />
Streiks durch direkte Aktion, im Herbeischaffen<br />
der Lebensmittel für die<br />
Streikenden, so daß sehr viele Streiks,<br />
donk dieser Tätigkeit, mit großem Erfolg<br />
endeten. Unterdessen wurde zur selben<br />
Zeit der tapfere Genosse Joseph Meplinski<br />
wegen Ausübung einiger Terrorakte<br />
zum Tode verurteilt. Das Todesurteil<br />
wurde in der Warschauer Zitadelle vollstreckt.<br />
Gleichzeitig wurden die Genossen<br />
Leonard Czarnecki (Olek), Jan<br />
Ganski (Mietek) und Anton Nizborski<br />
(Antek), wegen Anwendung von Sabotage<br />
in verschiedenen Unternehmungen, zum<br />
Tode verurteilt.<br />
<strong>Die</strong> Gruppe der „unmotivierten<br />
Terroristen" vollführte einige Attentate<br />
wie: im Bankhause von Scherenewsky und<br />
in einem der elegantesten Hotels in Warschau.<br />
— Daneben mußten sie noch einen<br />
scharfen Kampf mit den Sozialisten<br />
führen, die sie immerzu verspotteten und<br />
beschimpften.<br />
In den sogenannten „Freiheitstagen",<br />
in den blutigen Tagen von 1905, veranstalteten<br />
die Anarchisten Massenversammlungen,<br />
die neue Repressalien und Verhaftungen<br />
hervorriefen. Bei einer Flugblattverteilung<br />
unter den Soldaten wurde<br />
der Genosse Viktor Ryrkind verhaftet und<br />
späterhin zum Tode verurteilt. Es wurden<br />
auch massenhaft Verhaftungen vorgenommen,<br />
viele Bomben, Explosionsmaterial<br />
und Gewehre konfisziert.<br />
Das alles jedoch schreckte die anarchistische<br />
Bewegung nicht. <strong>Die</strong> Gruppe<br />
der „<strong>Internationale</strong>" in Warschau, fast<br />
nur aus Juden bestehend, organisierte<br />
Meetings in polnischer und jüdischer<br />
Sprache. <strong>Die</strong>se Gruppe zählte 125 Mitglieder.<br />
Wie in Bielostok, so führten<br />
auch hier die Anarchisten ganze Streiks<br />
mit Sabotage und Terroranwendung. Zur<br />
Zeit des Bäckerstreiks haben die Streikenden<br />
den vorbereiteten Teig in den Backtrögen<br />
mit Petroleum getränkt und einige<br />
Oefen in die Luft gesprengt. <strong>Die</strong> in<br />
Schrecken gesetzten Besitzer ließen ihre<br />
Bäckereien im Stich und die streikenden<br />
Arbeiter übernahmen für kurze Zeit die<br />
Betriebe, bis sie von der Reaktion wieder<br />
vertrieben wurden. Im Januar 1906 wurden<br />
16 Genossen der „<strong>Internationale</strong>" zum<br />
Tode verurteilt, viele wurden nach<br />
Sibirien verschickt, viele entflohen ins<br />
Ausland.<br />
Im August desselben Jahres wurde<br />
jedoch wieder die Arbeit rege. Es entstanden<br />
2 Gruppen: „Schwarzes Zeichen"<br />
und „<strong>Die</strong> Freiheit", und bereits im Winter<br />
zeigten sich die Wirkungen ihrer Tätigkeit<br />
in Attentaten und Streiks.<br />
Im Jahre 1907 wurden wieder Verhaftungen<br />
vollzogen und die Redaktion<br />
der Zeitung: „<strong>Die</strong> revolutionäre Stimme'"<br />
konfisziert. — In Lodz, Siedice, Biala,