27.06.2013 Aufrufe

Die Internationale I.A.A. V 0.2

Die Internationale I.A.A. V 0.2

Die Internationale I.A.A. V 0.2

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Betrachtungen über die Wahlen in Deutschland. 5<br />

Betrachtungen über die Wahlen in Deutschland.<br />

Von R. Rocker.<br />

<strong>Die</strong> große Wahlschlacht ist geschlagen. Von den dreiundzwanzig<br />

Parteien und Parteichen, die sich in heißem Wettbewerb um die Gunst<br />

der Wähler bemüht haben, blieb fast die Hälfte auf der Strecke. Da sie<br />

nicht imstande waren, die gesetzlich vorgeschriebene Zahl von Stimmen<br />

in einem Wahlkreis zu erhalten, bleibt es ihren Trägern vorläufig versagt,<br />

das große Ziel ihrer Sehnsucht von innen beschauen zu können.<br />

Es ist ein charakteristisches Zeichen, daß dieselben Erscheinungen<br />

— Inflation, ungerechte Besteuerung, Arbeitslosigkeit, Niedergang der<br />

sozialen Lebensbedingungen —, die eben in Frankreich den Sozialisten<br />

und anderen Gegnern Poincarés einen glänzenden Wahlsieg beschert<br />

und den sogenannten Nationalen Block zertrümmert haben, in Deutschland<br />

den bürgerlichen Parteien der Mitte und vor allem der Sozialdemokratie<br />

große Verluste eintrugen und breite Wählermassen nach<br />

rechts abschwenken ließen. Nur waren die Rollen vertauscht. Während<br />

in Frankreich der Nationale Block alle Sünden der Regierung<br />

während der letzten fünf Jahre auf sich geladen und die Sozialisten<br />

sich in der günstigen Lage einer Oppositionspartei gefallen durften,<br />

hatten sich in Deutschland die Parteien der bürgerlichen Mitte und die<br />

Sozialdemokratie während ihrer Regierungszeit bis auf die Knochen<br />

kompromittiert und sich das Wohlwollen der Wähler wenigstens für<br />

diesmal gründlich verscherzt.<br />

In dieser Erscheinung liegt eigentlich für das Volk die Tragik des<br />

ganzen parlamentarischen Systems. Der moderne Bürger fühlt sich<br />

lediglich als Bestandteil des Staatsapparats, dessen Bewegungsgesetze<br />

er durch die Abgabe seiner Stimme regulieren zu können sich einbildet.<br />

Er erwartet sein Heil stets von irgendeiner Regierung und nie<br />

von seiner eigenen Kraft und Initiative. Immer wieder sucht er die<br />

Fehler, die gemacht wurden, in den leitenden Männern und Parteien, die<br />

sich jeweilig an der Regierung befinden, und es kommt ihm nie der<br />

Gedanke, daß dieselben im System selbst begründet sind. Anstatt sich<br />

von unten auf durch seine wirtschaftlichen und sozialen Verbindungen<br />

Organe seines Willens und seiner Initiative zu schaffen, die ihn in den<br />

Stand setzen könnten, zu allen Anforderungen des gesellschaftlichen<br />

Lebens selbst Stellung zu nehmen und durch seine eigenen schöpferischen<br />

Kräfte entsprechende Lösungen anzubahnen und herbeizuführen,<br />

setzt er sein ganzes Vertrauen auf die höhere Macht, die über<br />

ihm thront und erwartet alles Heil von den Gesetzen und der Regierung.<br />

Und wenn die Regierung versagt, so zieht er nicht etwa die<br />

Konsequenzen und schreitet zur Selbsthilfe, sondern er setzt seine Karte<br />

einfach auf ein anderes Pferd im politischen Rennstall und glaubt auf<br />

diese Weise der Erfüllung seiner Wünsche näher zu kommen. So

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!