Die Internationale I.A.A. V 0.2

ekämpft durch die reaktionäre Regierung, wie auch von einer Demokratie, welche
damals zudem in Italien noch als umstürzlerisch galt. Aber die fortwährende,
wenn auch langsame, wirtschaftiche Evolution des Landes, die immerwährenden
Aufstände der Gewerkschaften in den großen Zentren, die fortschreitende Entwicklung
der Verkehrsmöglichkeiten begünstigten die syndikalistische Bewegung.
Immer wieder wollte man dieser Bewegung einen mehr politischen Charakter geben,
einen Charakter, in dem Uneinigkeit und Spaltung unvermeidlich waren.
Die „Italienische Arbeiterpartei", die im Jahre 1891 gegründet wurde, war fast
ganz aus beruflichen Organisationen und einigen politischen Zirkeln zusammengesetzt.
Beim Kongreß von Genua im Jahre 1892, auf den man der Partei einen
definitiven Charakter, ein Programm, eine bestimmte Richtung geben wollte, kam
die erste Spaltung im proletarischen Lager zum Ausdruck mit der Entfernung
der Liberalen einerseits und der Republikaner andererseits. Es blieben zurück
Bauern und Sozialisten, welche diese Arbeiterbewegung zu einer legalen, parlamentarisch-soziaIistischen
Partei umgestalteten.
Es gelang ihnen jedoch nicht, die revolutionäre Arbeiterbewegung zu unterdrücken
und sie ganz und gar ins Bett der Gesetzlichkeit zu führen. Hunderte von
Arbeiterbünden aus Sizilien und Mittelitalien, die zu dieser Arbeiterpartei stießen,
trugen ihr gerade den unversöhnlichen und rebellischen Geist jener Volksmassen
zu. Dort in der vulkanischen Erde des Aetna trugen jene Bauern und Schwefelgrubenarbeiter
in die Bünde den mächtigen Hebel, um die Privilegien der
„Cappedi" (der Herren) durch Enteignung der Landjunker zu stürzen. Das
war eine revolutionäre Bewegung, welche von wahrer Begeisterung der
Arbeiter getragen war und von einem- Ende Italiens bis zum andern
zündete. Der Bund verkörperte damals die zielbewußte proletarische
Revolution. Die Bewegung der Sizilianer und der freien Luigianer (Marmorbrucharbeiter)
erregte Schrecken und Bestürzung bei den herrschenden Klassen,
welche nun die Macht einem weiteren Renegaten, dem Exgaribaldianer und Exrepublikaner
Francesco Crispi übergaben, der im Jahre 1894 über Sizilien und die
Provinz Luigiana den Belagerungszustand verhängte, die Führer der Arbeiterbünde
vor die Kriegsgerichte brachte, die sie zu vielen Jahrzehnten Züchthaus verurteilten.
Die Arbeiterpartei, welche sich bereits in eine sozialistische Partei verwandelt
hatte, wurde aufgelöst und dadurch alle Arbeitskammern und die bereits
bestehenden italienischen syndikalistischen Organisationen, die republikanischen,
anarchistischen und anderen Zirkel aufgehoben. Eine Unzahl Genossen kamen
auf Inseln ins Zwangsquartier, das für die Infamie der Deportation geschaffen war.
So wurde auch diese periodische Arbeiterbewegung erstickt und (nach der
Einbildung eines Renegaten) vollends erdrosselt. Einige spontane Erhebungen ausgenommen,
dauerte dieser Zustand mehrere Jahre. Inzwischen wurde das Proletariat
zahlreicher und kampfbereiter und fing langsam wieder an, seine organisatorischen
Fäden zu knüpfen.
Da geschah es, daß sich die gewerkschaftlichen Organisationen von den
politischen trennten, um sich vor den Schikanen, der Reaktion zu schützen. Die
Arbeiterbewegung wurde zum ersten Male unpolitisch, parteilos. So wurde es
möglich, auf syndikalistischer Basis die Einigkeit der proletarischen Kräfte in den
Arbeitskammern und in den Föderationen herzustellen. Diese letzteren aber
zeigten wenig innere Geschlossenheit wegen dem nur lokalistischen Charakter der
Arbeiterbewegung, jener Bedingungen, die auch der damaligen Industrie noch
eigen waren.
Die Aufstände der proletarischen Massen gegen den Kolonialkrieg stürzten die
Regierung Crispi. Die Tore der Gefängnisse öffneten sich, man atmete in vollen
Zügen den Geist der Freiheit. Im Jahre 1898 aber setzte erneut die Bewegung der
hungernden Arbeiter gegen die Klasse der Besitzenden ein und diese rächte sich
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