Die Internationale I.A.A. V 0.2
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DEUTSCHLAND 119<br />
DEUTSCHLAND<br />
Bericht der Freien Arbeiter-Union Deutschlands (Anarcho-Syndikalisten) für den<br />
II. Kongreß der <strong>Internationale</strong>n Arbeiter-Assoziation<br />
1. Aufbau der Organisation.<br />
<strong>Die</strong> F.A.U.D. setzt sich zusammen aus<br />
Berufs- resp. Industriearbeiter-Föderationen<br />
und solchen Vereinen, für die<br />
eine Föderation noch nicht vorhanden<br />
ist. D. h.: <strong>Die</strong> Berufs- oder Industriearbeiter<br />
der besonderen Produktionszweige<br />
organisieren sich an ihren Wohnorten zu<br />
einem Berufs- resp. Industrieverein. <strong>Die</strong><br />
gleichgearteten Ortsvereine schließen sich<br />
über das ganze Land zu einer Föderation<br />
zusammen. Sie wählen auf ihren eigenen<br />
Landes-Konferenzen eine Geschäftsleitung,<br />
Heren vornehmste Aufgabe darin besteht,<br />
in Wort und Schrift nach innen und außen<br />
den Organisationsgedanken zu pflegen<br />
und die materielle wie geistige Solidarität<br />
unter den Fach- und Industriearbeitern<br />
ihrer speziellen Föderation aufs höchste<br />
zu entwickeln. An Orten aber, wo aus<br />
irgendwelchem Grunde die Bildung solcher<br />
Spezialvereine noch nicht möglich ist,<br />
schließen sich die Arbeiter der verschiedensten<br />
Berufe zu einer „Vereinigung aller<br />
Berufe" zusammen. Aufgabe dieser letzteren<br />
aber ist es, den Teil der Mitglieder,<br />
der in nennenswerter Zahl einem besonderen<br />
Beruf obliegt, oder in einer Industrie<br />
gemeinsam beschäftigt ist, als Industrieoder<br />
Berufssektionen zu gliedern und diese<br />
der zuständigen Föderation anzuschließen.<br />
Berufs- resp. Industriearbeiter-Föderationen<br />
bestehen in der F.A.U.D. heute:<br />
1. <strong>Die</strong> Föderation der Bergarbeiter, 2. der<br />
Bauarbeiter, 3. der Holzarbeiter, 4. der<br />
Metalhlndustriearbeiter, 5. des Bekleidungsund<br />
Verkehrsgewerbes. <strong>Die</strong>se Föderationen<br />
umfassen etwa zwei Drittel der vornandenen<br />
Ortsvereine, während das übrige<br />
eine Drittel noch aus „Vereinen aller Berufe"<br />
besteht. <strong>Die</strong> Gesamtzahl der bestehenden<br />
Ortsvereine betrug am 1. Februar 1925<br />
über das ganze Land 375. (Dreihundertfünfundsiebenzig).<br />
<strong>Die</strong> Gesamt-Mitgliederschaft<br />
zählte an demselben Tage etwa<br />
25 000. Jedoch muß hierbei bemerkt werden,<br />
daß diese Zahl nicht bestimmt feststeht,<br />
weil die Geschäftskommission sich<br />
bei der Feststellung der Mitgliederschaft<br />
nur nach dem von den Ortsvereinen bezogenen<br />
„Syndikalist" (das obligatorische<br />
Organ der F.A.U.D.) richten kann. Einen<br />
anderen Mitgliederzahlenmesser besitzt sie<br />
nicht.<br />
<strong>Die</strong> Ursache des Rückganges der Mitgliederschaft<br />
ist mehrfacher Natur. Wenn<br />
noch auf dem 14. Kongreß 1922 in Erfurt<br />
weit über 70 000 Mitglieder vertreten<br />
waren, so ist zu beachten, daß gerade in<br />
den letzten drei Jahren sich in Deutschland<br />
auf politischem und wirtschaftlichem<br />
Gebiete Dinge abgespielt haben, von denen<br />
die Arbeiter anderer Länder mehr oder<br />
weniger verschont geblieben sind.<br />
<strong>Die</strong> Besetzung des Rheinlandes und des<br />
industriellen Westfalens durch den<br />
Entente - Militarismus, die von deutscher<br />
Seite mit Hilfe der gewerkschaftlichen<br />
Arbeitsgemeinschaftler durchgeführte<br />
passive Resistenz im besetzten Gebiet und<br />
der dadurch einsetzenden Finanzpolitik<br />
der deutschen Regierung brachten den Arbeitern<br />
den vollständigen Ruin. <strong>Die</strong> Goldmark<br />
verflüchtete sich auf eine Billion<br />
Papiermark. <strong>Die</strong> Arbeiter erhielten aber<br />
für dir ganze Woche nur soviel Lohn,<br />
daß sie sich höchstens ein Brot und ein<br />
halbes Pfund Margarine dafür kaufen<br />
konnten. Und wenn der Lohn nicht täglich<br />
gezahlt wurde, dann war das Geld am<br />
Ende der Woche überhaupt nichts mehr<br />
wert. Während der Zeit der strengsten<br />
Handhabung des passiven Widerstandes<br />
waren aber die Arbeiter der besetzten<br />
Zone alle in den Betrieben, oder, wenn das<br />
nicht der Fall war, erhielten sie vom Staat<br />
und den Kommunen Unterstützungen an<br />
Geld oder Naturalien, so daß sie nicht<br />
Hungers starben. Angesichts eines<br />
solchen Zustandes war an ein Zahlen der<br />
Beiträge für die Organisation nicht zu<br />
denken und konnten auch keinerlei Ausgaben<br />
für die Organisation, Zeitung und<br />
andere Literatur von den Arbeitern gemacht<br />
werden. Dazu kam dann noch der<br />
Ausnahmezustand, der auf Grund des<br />
„Ermächtigungsgesetzes" von der Regierung<br />
verhängt und vom Reichswehrministerium<br />
durchgeführt wurde. Eine Reihe<br />
Wehrkreiskommandos verboten auch<br />
unsere Ortsvereine in den Provinzen<br />
Westfalen, Hannover, Mecklenburg und<br />
Pommern, im Freistaat und Provinz<br />
Sachsen und ganz Bayern. Der Mehrzahl<br />
der betreffenden Ortsvereine wurden<br />
auch sämtliche Vereinsutensilien, Bibliotheken<br />
usw. beschlagnahmt. Einige auch,<br />
weil sie die Organisation illegal weiterführten,<br />
wurden unter Anklage gestellt.