Die Internationale I.A.A. V 0.2

82 KAMPF GEGEN DIE INTERNATIONALE REAKTION
mehr Gelder gebraucht werden, ersucht die Unione Sindacale die Organisationen und
Kameraden, die für den Kinderfonds geopfert haben, ihnen die Freiheit zu geben, aus
dem Kinderfonds einen Teil des Geldes in den Inhaftierten- und Prozeßfonds überführen
zu dürfen.
Baldige Antwort ist dringend notwendig. Wir ersuchen, die Antworten entweder
direkt an die syndikalistische Union Italiens oder an das Sekretariat der I.A.A mitzuteilen.
Das Sekretariat der I.A.A.
Rußland.
Die Verfolgungen der Sowjetregierung gegen unsere Kameraden, gegen Revolutionäre
aller Richtungen veranlaßte das Sekretariat, folgenden Aufruf an das Proletariat
aller Länder zu richten:
„Aufruf der I.A.A. für die gefangenen Revolutionäre in Rußland."
Helft den gefangenen Revolutionären in Rußland.
Kameraden! Wir rufen euch heute auf zu einer einheitlichen und weit angelegten
internationalen Kampagne gegen die unerhörten Verfolgungen der Sozialisten und
Revolutionäre in Rußland; zu einer allgemeinen und energischen Aktion für die Befreiung
der Anarchisten, Syndikalisten, Sozialisten und aller parteilosen Revolutionäre,
die in den zahlreichen Gefängnissen und Konzentrationslagern schmachten oder
durch die Sowjetregierung in die Verbannung geschickt wurden.
Es ist uns nicht unbekannt, daß zur Zeit die wildeste Reaktion in fast allen Ländern
herrscht, daß die furchtbaren Verfolgungen, denen, unsere Kameraden überall ausgesetzt
sind, ohne Zweifel ebenfalls eine Aktion zu ihren Gunsten erforderlich machen würden.
Wir wissen auch, daß die revolutionäre Bewegung jedes Landes ihre eigenen Opfer und
Märtyrer aufzuweisen hat, deren Schicksal ein dringendes Eingreifen nötig machen
würde. Die Lage in Rußland ist aber in jeder Beziehung außergewöhnlich und unvergleichlich.
Die Verfolgungen der Revolutionäre in den kapitalistischen und bürgerlichen
Staaten gehören zur Natur der Dinge. Der Kampf für die Befreiung ist etwas selbstverständliches.
Die russische Regierung aber gibt vor, eine „Arbeiter-Regierung und
sozialistische Regierung" zu sein. Sie ist bekannt als die Vertreterin der „Diktatur des
Proletariats". Die Verfolgung ihrer Gegner, die Vernichtung der Revolutionäre nur
wegen deren Gesinnung, die nicht mit der ihrigen übereinstimmt, stellt die russische
„Revolutionsregierung" heuchlerisch als Bekämpfung des Banditismus und der Konterrevolution
hin. Große Teile des Proletariats in allen Ländern lassen sich durch diese
Heuchelei, durch diesen Bluff einer durchaus revolutionären und skrupellosen Regierung
irreführen. Dadurch ist der Kampf gegen diese Regierung außerordentlich erschwert.
Das ist um so mehr der Fall, als der entsetzliche Terror, der von den Bolschewisten
in Rußland ausgeübt wird, jeden Kampf dagegen unmöglich macht. So haben
die verfolgten Sozialisten und Revolutionäre in Rußland keine Möglichkeit, sich zu
verteidigen. Die verabscheuungswürdigen und verbrecherischen Frevel der russischen
Regierung sind der werktätigen Bevölkerung aller Länder im allgemeinen noch unbekannt.
Es ist daher an der Zeit, diese Freveltaten zu enthüllen und die an der Macht
befindlichen Verbrecher zu entlarven. Die Pflicht erheischt es nun, die zahllosen Tatsachen
offen an den Tag zu legen und sie dem Proletariat aller Länder zur Kenntnis
zu bringen. Es muß endlich einmal ganz entschieden gebrochen werden mit dem
gefährlichen Märchen von dem revolutionären Charakter und Idealismus der russischen
Regierung und ihr wahrhaft reaktionärer und bürgerlicher Charakter aufgezeigt werden.
Die Verfolgungen übersteigen gegenwärtig in Rußland die Grenzen jeder Einbildung.
Es hat den Anschein, als wolle man sich durch radikale Vernichtung aller
sozialistischen, anarchistischen revolutionären Elemente des Landes entledigen. Täglich
kommen zahlreiche der besten Kameraden um. Jeder Tag bringt uns Nachrichten
über neue Fälle dieser Art. Die Verhältnisse der Gefangenschaft und Verbannung im
hohen Norden sind entsetzlich. Tötungen und Erschießungen für die geringsten Proteste
gegen die unerträglichen Gefängnisordnungen werden zur Gewohnheit. Die
besten Kameraden sterben hin als Folge dieses Regimes. Selbstmorde kommen immer
häufiger vor. . . . Tausende von Revolutionären leiden unter diesem furchtbaren Lose,
sie sind ständig der Todesgefahr ausgesetzt, ohne den geringsten Schatten einer Anklage,
nur durch die Willkür und das Gutdünken einer Regierung.