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Die Internationale I.A.A. V 0.2

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<strong>Die</strong> dänische Arbeiterbewegung unter sozialdemokratischen Fittichen<br />

Das Verbrechen der Arbeiterklasse besteht darin, daß sie überhaupt<br />

nichts von dem Ganzen sieht. Sie befindet sich über ihre eigene Geschichte<br />

in Unwissenheit, sie weiß beispielsweise nicht, daß Louis Pio von den Franzosen<br />

beeinflußt war, daß dagegen der spätere Sozialismus unter der Führerschaft<br />

Borgbjergs rein deutscher Art ist. Während des Weltkrieges reisten<br />

unsere Arbeiterpolitikanten in Belgien herum als Gäste des großen General-<br />

Stabes Deutschlands. Dazu hatten sie natürlich Erlaubnis, sie schrieben für<br />

ihr Organ „Sozialdemokraten" nach Kopenhagen über „das lebhafte Volksleben<br />

in den Straßen Brüssels", und doch war dies eine bezahlte Lüge. Herr<br />

Borgbjerg, der nicht in Brüssel gewesen ist, schrieb begeistert von Berlin aus<br />

im Jahre 1916, daß die deutschen Arbeiter „die besten Soldaten" seien und<br />

daß der Parteigenosse Stegele aus Hamburg ihm sagte: „Es ist im großen<br />

Maße die 25jährige Gewerkschaftsorganisation, die den Krieg gewinnt." (!)<br />

So werden die unwissenden Arbeiter sowohl in Deutschland wie in Dänemark<br />

dumm gemacht. Da war doch Bebel weit ehrlicher, als er seinerzeit sagte,<br />

daß innerhalb der Sozialdemokratie die Qualität mit der Quantität nicht<br />

Schritt gehalten habe. Und der mit dem Nobelpreis belohnte Werner<br />

von Heidenstam aus Stockholm erklärte einmal die Sozialdemokratie für „die<br />

Partei der schlechten Köpfe". Bei uns hier in Dänemark sprach sich einmal<br />

Hermann Trier, ein alter Bürger, für den die Arbeiter unzähligemal gestimmt<br />

hatten, darüber wie folgt aus: „<strong>Die</strong> dänische Sozialdemokratie ist nichts<br />

anderes als eine bürgerliche Partei, und im Reichstage kann nicht ein einziger<br />

sozialistischer Vorschlag nachgewiesen werden. <strong>Die</strong> Vorschläge, die vors<br />

gelegt werden, sind meist alte Vorschläge der bürgerlichen Linkspartei; denn<br />

es ist das Verdienst der bürgerlichen Linken, unsere Sozialdemokratie zu<br />

einer bürgerlichen Partei gemacht zu haben. <strong>Die</strong> Sozialdemokratie ist nichts<br />

anderes als eine bürgerliche Linkspartei." Und das ist wahr; unsere Arbeiter<br />

sind parlamentarisch eingestellt.<br />

In gewerkschaftlicher Beziehung ist die Arbeiterbewegung in Dänemark<br />

gleich Null. <strong>Die</strong> ganze große reformistische Gewerkschaftsbewegung bewegt<br />

sich innerhalb eines Schlichtungsverfahrens mit dem Unternehmertum, das<br />

seit 1899 Gesetz geworden ist, und wonach keine Arbeitsniederlegung erfolgen<br />

darf ohne vorhergehende Inkenntnissetzung, Verhandlungen und Urteil des<br />

Schiedsgerichtes. So kommt es natürlich höchstens zu einem Kampfe wie der<br />

zwischen den zwei Zirkusclowns, von denen der Dumme darauf eingeht,<br />

nicht zurückzuschlagen, sobald der Pfiffige halt gerufen hat! <strong>Die</strong> Folge davon<br />

ist natürlich, daß immer der Dumme die Prügel bekommt. Genau so verhält<br />

es sich auf dem parlamentarischen Gebiete, wo die Verfassung ein kräftiges<br />

Halt ruft, und das Ganze wäre humoristisch, wenn es nicht gleichzeitig<br />

äußerst traurig wäre. Vom Generalstreik der Arbeiterschaft ist niemals die<br />

Rede. <strong>Die</strong>ser steht nämlich ganz außerhalb der Gesetze, und bei uns bewegt<br />

sich alles hübsch im Rahmen der Gesetze. Der Klassenkampf ist fast unbekannt,<br />

da die Arbeiter politisch wie gewerkschaftlich mit der Bourgeoisie<br />

koaliert sind. Außerdem ist der Klassenkampf unmöglich dort, wo ein<br />

revolutionärer Grundgedanke fehlt, und dieser ist hier total unbekannt. Hier<br />

gibt es nur Staatsidioten, die hin und wieder mal ins Wahlklosett gehen und<br />

dies als eine höchst revolutionäre Kraftanstrengung betrachten.<br />

<strong>Die</strong> Verhältnisse in der letzten Zeit waren für die Bourgeoisie wie für<br />

die Arbeiterschaft miserabel, aber keiner von beiden sieht klar die jetzige<br />

Lage, und dadurch wird das Ganze natürlich etwas pomadiger. <strong>Die</strong> Bourgeoisie<br />

weiß sehr gut, daß sie die Arbeiter nicht entbehren kann, daß sie<br />

aber von ihnen lebt, will sie nicht einsehen. <strong>Die</strong> Arbeiter haben ständig das<br />

Gefühl, daß sie ohne die Bourgeoisie nicht bestehen können, und das ist leider<br />

der Fall; das kann erst anders werden an dem Tage, wenn die Arbeiter sich<br />

ihrer eigenen Kraft oder richtiger ihrer Arbeitskraft bewußt werden. Jetzt<br />

wird die Arbeit als ein Schwächling betrachtet, die sich nur auf den Gesetzes-

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