Die Internationale I.A.A. V 0.2
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<strong>Die</strong> gegenwärtige Lage der anarcho-syndikaustischen<br />
Arbeiterföderation in Spanien.<br />
Von J. P e i r o s , Spanien.<br />
Ehrlich gestanden: <strong>Die</strong> Angriffskräfte<br />
der anarcho-syndikalistischen Arbeiterföderation<br />
in Spanien sind in unmittelbarer<br />
Gegenwart fast vollständig lahmgelegt.<br />
Wohlgemerkt, nur die Angriffsmöglichkeiten<br />
sind zurzeit nicht gegeben.<br />
Denn nichts ist irriger, als die selbsttrügerische<br />
Einbildung der herrschenden<br />
Mächte und Träger des kapitalistischen<br />
Systems in Spanien, die organisatorische<br />
und geistige Triebkraft des wirklich revolutionären<br />
spanischen Arbeitervolks sei<br />
gebrochen. <strong>Die</strong> Reaktionäre aller Schattierungen<br />
Spaniens (die übrigens von gewissen<br />
Sozialdemokraten und Parteikommunisten<br />
in verblendeter Kurzsichtigkeit,<br />
gegebenen Falles auch durch schnöden<br />
Verrat, unterstützt werden) versuchen<br />
zwar mit allen Mitteln ihrer unsauberen<br />
Demagogie, die weitere Oeffentlichkeit<br />
glauben zu machen, die Gefahr des<br />
Anarcho-Syndikalismus existiere nicht<br />
mehr. Sowohl die Demagogen selbst, wie<br />
ihre Gläubigen im Lager der Parteipolitiker<br />
und des satten Bürgertums werden<br />
in absehbarer Zeit ein böses Erwachen erleben.<br />
Das steht für jeden nüchternen Beobachter<br />
fest, der nur einigermaßen mit<br />
den Ueberlieferungen des revolutionären<br />
spanischen Proletariats vertraut ist<br />
<strong>Die</strong> scheinbare Ruhe in Spanien muß<br />
man sich aus den barbarischen Unterdrückungsmaßnahmen<br />
erklären, denen das<br />
revolutionäre Spanien im Laufe der letzten<br />
sechs Jahre ausgesetzt war. Sie verfolgten<br />
das ausgesprochene Ziel, die anarcho-syndikalistischen<br />
Arbeiterorganisationen zu<br />
vernichten. Weder die Sozialdemokraten<br />
noch die Parteikommunisten haben jene<br />
brutalen Konsequenzen zu spüren bekommen.<br />
In diesen Kreisen hat man auch<br />
nicht im entferntesten die Schmerzen und<br />
die Trauer mitempfunden und geteilt, wie<br />
sie von einem blutigen Drama zum andern<br />
im Lager der Anarcho-Syndikalisten aufgewühlt<br />
wurden.<br />
Kann man also darüber erstaunt sein,<br />
wenn wir aufrichtig zugeben müssen, daß<br />
die Triebkräfte unserer Arbeiterföderationen<br />
gegenwärtig keine aktive Tätigkeit<br />
zu entwickeln vermögen?<br />
Und doch: jener Sieg der reaktionären<br />
Mächte Spaniens über die am äußersten<br />
vorgeschobenen Posten der spanischen Arbeiterbewegung<br />
kämpfenden Anarcho-Syndikalisten<br />
war ein Pyrrhussieg, der den<br />
SPANIEN<br />
SPANIEN.<br />
angstbeklommenen „Siegern", wie ihren<br />
unnatürlichen Helfern, den Sozialdemokraten<br />
und Parteikommunisten, bald<br />
sauer genug aufstoßen dürfte.<br />
Eine kleine Auslese schwerwiegender<br />
Umstände und infamer Hilfsmittel mag<br />
dem Leser zeigen, wie jener Pyrrhussieg<br />
zustande kam. Zunächst eine Gesetzgebung,<br />
die der Regierung gestattet, ohne<br />
Rücksicht auf konstitutionelle Garantien<br />
jeden Bewohner des Landes, der dem herrschenden<br />
System unbequem wird, kurzerhand<br />
zu verhaften.<br />
Jeder Esel, außer den spanischen Gewalthabern,<br />
wird zugeben, daß man mittels<br />
solchen Gesetzleins nebst obligater<br />
Skrupellosigkeit ein ganzes Volk in zwei<br />
Hälften spalten kann, nämlich eine Minderheit,<br />
die lieber den Nacken bricht als<br />
ihn beugt und eine Mehrheit, die aus<br />
Klugheitsrücksichten scheinbar nachgibt,<br />
um unter günstigeren Verhältnissen mit<br />
verdoppelter Wucht gegen das verhaßte<br />
Gewaltregiment Sturm zu laufen. Während<br />
der Auswirkungen jenes Gesetzes in<br />
der hemmungslosesten Gewaltperiode vom<br />
November 1922 bis September 1923 war<br />
denn auch nichts anderes zu erwarten, als<br />
daß die Mehrheit in den revolutionären<br />
Arbeiterbünden an aktiver Betätigung die<br />
schwerste Einbuße erlitt.<br />
Um diese herrlichen sozialrevolutionären<br />
Organisationsgebilde vollends zu<br />
vernichten, formierten zu dieser Zeit die<br />
Aasgeier jeder bürgerlichen Gewaltherrschaft,<br />
die weißen Terroristen, ihre Horden<br />
in dem kindlichen Unterfangen, durch<br />
die feige Ermordung eines allerdings hervorragend<br />
fähigen spanischen Anarchisten<br />
dem Anarcho-Syndikalismus den Rest zu<br />
geben. Einer der begabtesten Vorkämpfer<br />
und klarsten Denker des spanischen Anarchismus,<br />
unser unvergeßlicher Kamerad<br />
Salvador Segui, fiel jenen Eintagsfliegen<br />
im Entwicklungsleben des spanischen Völkerfortschritts<br />
zum Opfer.<br />
Indes, weder der weiße Terror noch<br />
sein Nährvater und Schutzpatron, der spanische<br />
Staat und seine Kreaturen, vermochten<br />
die Glut der Empörung und Begeisterung<br />
in den Schädeln der Anarcho-<br />
Syndikalisten zu ersticken.<br />
Angesichts dieser namenlosen Kräfte<br />
des spanischen Proletariats erschien es als<br />
eine groteske Komödie, als die militarischen<br />
Machthaber sich anschickten, die<br />
Vernichtung des spanischen Anarcho-<br />
Syndikalismus dem reaktionären Bürgertum<br />
auch noch durch mancherlei militärdespotische<br />
Maßnahmen zu „beweisen".