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Die Internationale I.A.A. V 0.2

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30 BORGHI: KAMPF GEGEN DIE INTERNATIONALE REAKTION<br />

der C.G.L. (Zentralgewerkschaften), Herr Baldesi, hatte bald nach dem Marsch auf Rom<br />

von Mussolini eine Einladung erhalten, an der Regierung teilzunehmen. Selbst über die<br />

Ermordung Matteottis gibt es Wahrheiten, die nicht allgemein bekannt sind, die man<br />

aber kennen muß, um die Lage richtig zu verstehen. Denn im Mai 1924, einige Zeit vor<br />

Matteottis Ermordung, gab es in seiner Partei — hauptsächlich unter den Führern der<br />

C.G.L., die alle dieser Partei angehörten — Leute, die von einem politischen Zusammenarbeiten<br />

mit Mussolini träumten, und es war gerade Matteotti, der einen so schmachvollen<br />

Kompromiß am heftigsten bekämpfte.<br />

In der Tat war die letzte Rede Matteottis eine scharfe Absage auf eine Rede Mussolinis,<br />

in welcher sich dieser der C.G.L. gegenüber sehr liebenswürdig zeigte, auf<br />

eine Antwort D'Aragonas, des Sekretärs der C.G.L., der wiederum dem Faschistenchef<br />

sehr liebenswürdig entgegenkam. Und dieses ganze Entgegenkommen D'Aragonas war<br />

nur das Ergebnis einer Arbeit hinter den Kulissen, die eine Mitarbeit der C.G.L. in der<br />

faschistischen Regierung vorbereitete, bald nachdem Mussolini zur Macht gelangte und<br />

die Erde Italiens noch rot war von Proletarierblut.<br />

Wurde Matteotti von den Leuten Mussolinis ermordet, weil man in ihm ein Hindernis<br />

aus dem Wege räumen wollte, um auf diese Weise zu einer Lösung der faschistischen<br />

Krise, d. h. zu einer Zusammenarbeit mit der C.G.L. zu gelangen? Oder<br />

wurde er beseitigt durch faschistische Extremisten, die zwischen Mussolini und<br />

D'Aragona eine Leiche legen wollten? In dem einen wie in dem anderen Falle bleibt<br />

die Verantwortung Mussolinis für diesen Mord dieselbe.<br />

Allein die Affäre Matteotti nahm kein gutes Ende. <strong>Die</strong> Begleiterscheinungen dieses<br />

Mordes selbst, den man zuerst als ein „Verschwinden" darzustellen versuchte, führten in<br />

Rom zu ganz anderen Konsequenzen, wie man erwartet hatte: Ein Sturm der Empörung<br />

und der moralischen Entrüstung gegen den Faschismus ging durch ganz Italien,<br />

So kam es, daß alle Elemente, die mit dem Faschismus unzufrieden waren, geneigt<br />

sind, eine gegenseitige Verständigung; herbeizuführen, um zu einer Lösung der Frage zu<br />

gelangen, die man in einer planmäßigen Opposition zu finden hofft.<br />

Eine „revolutionäre" Opposition? Hier beginnt die große Zweideutigkeit.<br />

Wenn wir selbst keine anderen Gründe hätten, an dem revolutionären Ernst der<br />

Demokratie zu zweifeln, wären dann die früher angeführten Tatsachen nicht schwerwiegend<br />

genug, um der ganzen Welt den Schleier von den Augen zu nehmen?<br />

- - -<br />

Hier stellt sich uns eine Frage entgegen: Indem ich den konservativen Charakter<br />

der Demokratie zum Ausgangspunkt meiner Ausführungen gemacht habe, darf man<br />

daraus schließen, daß wir politischen Freiheiten keine Bedeutung beilegen, daß das Bedürfnis,<br />

dieselben zu fordern und' zu verteidigen, eine Angelegenheit der bürgerlichen<br />

Demokratie ist, ja daß wir uns selber ins Schlepptau der Bourgeoisie begeben, falls wir<br />

für politische Freiheiten eintreten?<br />

Keineswegs! Wir werden jede Art der Freiheit fordern. Wir werden alle Freiheiten<br />

verteidigen, die wir genießen. Das ist durchaus kein Widerspruch. <strong>Die</strong> Kommunisten<br />

können sagen: „Um so besser, wenn es eine bürgerliche Diktatur gibt, nach<br />

ihr wird die unsere kommen!" Wir aber sagen: „Um so schlimmer, wenn es eine<br />

bürgerliche Diktatur gibt, da dieselbe den Glauben erweckt, daß die bürgerliche Demokratie<br />

ein Paradies sei und den bourgeoisen Demokraten die Möglichkeit bietet, als<br />

Revolutionäre und Verfolgte zu posieren."<br />

Wir sagen: „Um so besser, wenn traditionelle Freiheiten bestehen, weil es uns<br />

dadurch erspart bleibt, dieselben für Ziele zu fordern, die grundverschieden sind von<br />

jenen, für welche die bürgerliche Demokratie sie reklamierte, und zwar mit Mitteln,<br />

die viel Lärm machten und wenig Ergebnisse brachten.<br />

Wenn wir uns im Gefängnis befinden und fordern unser Recht, als politische Gefangene<br />

behandelt zu werden, dort, wo dieses Recht existiert, heißt das, daß wir uns<br />

dadurch mit den Hütern des Gefängnisses solidarisch erklären? Gewiß nicht. Es<br />

hieße einfach, Selbstmord begehen, wenn wir uns nicht für die Aufrechterhaltung traditioneller<br />

Freiheiten einsetzen würden. Aber noch einmal: wie müssen wir uns in einem<br />

solchen Falle verhalten?<br />

Sollen wir in außergewöhnlichen Momenten unsere Prinzipien an den Nagel hängen?<br />

Sollen wir uns auf die Seite derjenigen schlagen, die uns den Rat geben, unsere<br />

„Dogmen" auf die Seite zu legen? Sollen wir ein Moratorium fordern für Ideen, die

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