Die Internationale I.A.A. V 0.2
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Bestehens. Infolge von Führer- und<br />
Cliquenwesen, Kompromissen und Schiebereien<br />
mit dem Unternehmertum ist<br />
das Niveau der Organisationen gesunken.<br />
Doch ein aktives, eigenes Element, das<br />
keine völlige Stagnation aufkommen läßt,<br />
ist in den Mitgliedschaften vorhanden.<br />
Außer dem Streik in den Stahltrust-<br />
Werken gingen auch nach dem Kriege<br />
der Eisenbahnerstreik und der Streik der<br />
Arbeiter in den Kohlenbergwerken verloren.<br />
Regierungseingriffe, in Verbindung<br />
mit der bedientenhaften Haltung der Arbeiterführer<br />
gegenüber dem Staat und der<br />
Plutokratie, führten den Fehlschlag herbei.<br />
<strong>Die</strong> meisten anderen größeren Arbeitseinstellungen<br />
hatten dasselbe Schicksal.<br />
An dieser Stelle sei bemerkt, daß Schießereien<br />
und gewaltsame Zusammenstöße bei<br />
größeren Streiks nicht selten sind. Es<br />
wäre jedoch verfehlt, wollte man daraus<br />
den Schluß ziehen, die Arbeiterschaft sei<br />
revolutionär oder auch nur allgemein<br />
radikal gesinnt. In den meisten Fällen<br />
werden solche Schießereien von den angestellten<br />
Bütteln der Unternehmer provoziert<br />
durch tückische, brutale Angriffe<br />
auf die Streikenden. <strong>Die</strong> Staatsbehörden<br />
lassen es hier zu, daß die Unternehmer<br />
gegen die Arbeiter regelrechte Banden<br />
von angeworbenen Landsknechten ins<br />
Feld führen. Mit verschränkten Armen<br />
sehen sie und meistens auch die Gerichte<br />
zu, wie diese Banden unter den Streikenden<br />
den weißen Schrecken aufrichten. Zur<br />
Verteidigung greifen dann hin und wieder<br />
die Arbeiter zu den Waffen. Dabei gehen<br />
sie von keiner revolutionären Idee aus,<br />
die sich etwa gegen den ganzen Apparat<br />
des Gewalt- und Ausbeutungs-Staates,<br />
wie ihn die Kapitalisten brauchen, richten<br />
würde.<br />
Wollte ein zweiter Alexander Berkman<br />
solchen Arbeitern mit einer Tat<br />
gegen ihre Bedrücker zu Hilfe eilen, seine<br />
Solidarität an den Tag legen, sie würden<br />
ihn auch jetzt wieder nicht verstehen und<br />
sehr wahrscheinlich der Obrigkeit helfen,<br />
ihn ins Netz zu bekommen. Ausnahmen<br />
mag es geben, aber seltene.<br />
<strong>Die</strong> engste Verbindung, die es bisher<br />
zwischen dem revolutionären Geist und<br />
der amerikanischen Arbeiterschaft gegeben<br />
hat, fällt wohl in die Periode der<br />
Kämpfe um den Achtstundentag um die<br />
Mitte der achtziger Jahre des vorigen<br />
Jahrhunderts. Ansehnliche Arbeitermassen<br />
hörten damals den Reden von Albert<br />
Parsons, August Spies, Samuel Fielden zu<br />
und nahmen in ihren Kämpfen den Rat<br />
dieser Männer an.<br />
NORDAMERIKA 35<br />
Es kommt hierbei in Betracht, daß zu<br />
jener Zeit das eingewanderte Element<br />
hier noch freier atmen durfte. Jetzt, seit<br />
dem Kriege, hängt ein Gewitter über ihm.<br />
<strong>Die</strong> Deportation von „unerwünschten"<br />
Eingewanderten, die mit der Fahrt des<br />
Dampfers „Buford" am 21. Dezember 1919<br />
begann, hat seitdem nie ganz aufgehört<br />
und mag in der Zukunft sogar in verstärktem<br />
Maße wieder einsetzen. Auf<br />
dem „Buford" befanden sich unter den<br />
249 Deportierten, wovon 51 in der offiziellen<br />
Liste als Anarchisten eingetragen<br />
waren, Emma Goldman und Alexander<br />
Berkman.<br />
Von Washington aus wiederholen sich<br />
immer aufs neue Anzeichen und<br />
Berichte, daß Schritte vorbereitet werden,<br />
eine allgemeine Auslese großen Stils unter<br />
den „Fremdgeborenen" vorzunehmen. Eine<br />
Auslese in dem Sinne, daß nur solche Eingewanderte<br />
im Lande weiter geduldet werden,<br />
von welchen sich die Behörden überzeugt<br />
haben, daß sie dem Staat und dem<br />
Kapitalismus gute, folgsame Untertanen<br />
sein werden. Eine dahinzielende Gesetzesvorlage<br />
wurde schon dem vorigen Kongreß<br />
(Bundeslegislatur) unterbreitet. Sie verlangte<br />
Registrierung aller Fremden, was<br />
deren Stellung unter Polizeiaufsicht gleichgekommen<br />
wäre. Das Melde- und Abmeldewesen,<br />
wie es in Deutschland besteht,<br />
ist hier nie eingeführt gewesen, aber die<br />
Behörden dieser Republik sagen sich, daß<br />
es ein gutes System ist, unter dem es<br />
leicht wäre, jeden Augenblick die Hand<br />
auf mißliebige Personen zu legen. Der<br />
berüchtigte Detektiv - Häuptling William<br />
Burns, zur Zeit als diese Gesetzesvorlage<br />
diskutiert wurde, Chef des Geheimdienstes<br />
der Regierung, ließ sich die<br />
Aeußerung entschlüpfen: „Wenn diese<br />
Vorlage im Kongreß angenommen wird,<br />
werden wir im Hafen von New York<br />
nicht Schiffe genug haben, um alle die<br />
Roten und andere unerwünschte Fremde<br />
zu deportieren."<br />
<strong>Die</strong> Vorlage wurde nicht angenommen,<br />
das heißt, soweit sie die Registrierung der<br />
Fremden betraf, wurde sie noch einmal<br />
zurückgestellt, womöglich aus Rücksicht<br />
auf die Wahlen, die im November stattfanden.<br />
Daß der Plan aber durchaus<br />
nicht aufgegeben ist, beweisen neuerliche<br />
Aeußerungen des Arbeitsministers,<br />
der es sich zur besonderen Aufgabe gemacht<br />
zu haben scheint, die Fremden<br />
unter Aufsicht und Kontrolle zu stellen.<br />
Einen Anlauf zur Schaffung einer revolutionären<br />
Bewegung unter den amerikanischen<br />
Arbeitern unternahm vor länger