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Leibniz, Akademie-Ausgabe, Bd. I, 20 - Gottfried Wilhelm Leibniz ...

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N. 295 ii. allgemeiner und gelehrter briefwechsel 1701–1702 505<br />

sein wil ich dann und wann was senden. Sie werden mir es nicht verüblen daß ich bei Sie<br />

so dreist engagire. Denn es seind menschen wol zu finden, aber nach eines jeden auge und<br />

laterne nicht allezeit gerecht und manus prudenter sociata kan viel thun. Ich habe bei<br />

meinem Vetter Wolfrat der mir wie ein bruder ist auff seinen gütern eine sehr geruhige<br />

muuße zu solchen sachen. In stadten aber werde ich zu viel distrahiret. Darumb hielte ich 5<br />

wol lieber das laboratorium hie als am andern orthe, weil die sachen so was rechts sein<br />

sollen das man vulgo noch nicht hat eine freie offene lufft, eine guute influenz einen grunenden<br />

und balsamreichen orth auch einen freien geist erfordern, dazu Zeit und wartung.<br />

Ich habe sehr viel speculationes gehabt die spraache des menschen oder die imitirung der<br />

eigenschafften in der natuur in ihren Mannichfaltigkeiten accurater und perfecter zu ha- 10<br />

ben, welche ihnen vileicht nicht misfallen werden. Ich habe auch verschiedene gedancken<br />

gehabt von richtung einer nüzlichen und wol ausgesuchten correspondenz. Ich habe zu<br />

dem ende mir fast in allen landern wo ich gewesen die exquisiteste und theils unbekandte<br />

und in obscuro leebende Künstler und Ingenia notiret, in den oertern da ich geweesen.<br />

Weil aber der wille das vermogen ubertroffen, und man nicht alle Zeit mähet wenn man 15<br />

säet und diejene welche mit der macht die ihnen gegeben vergnügt sein konnen, und dahero<br />

die was rechtes erforderte feurigere begierde bei ihnen was träger gefunde[n] wird,<br />

weil sie gerne rebus in manibus haben wolten, und das mit einer arth einer gewißen unersatligkeit<br />

welche einem eedlen gemüthe verdrislich ist, bleibt viel guts in der geburth.<br />

Doch weis man wol daß eine guute saat ob sie schon lang geleegen und viel ungewitter <strong>20</strong><br />

uberstanden darumb doch in ihrem valore intrinseco nicht verschlimmert ist, welches ich<br />

auch von der meinen mit viel unkosten und mühe in die erde gebrachten hoffen wil. sol<br />

mir lieb sein so auch E. Hochedeln einer von den erndtern sein möchten.<br />

P. S. Es solte mir wol sehr beqveem sein wenn Ihr. hochg. Excell. der H. von Colbe<br />

mir von Ihr. Maiest. eine pension konten verschaffen. So wolte ich alle monat der societat 25<br />

meine neue experimenta ein senden, auch den usum zeigen und kunte hie sehr commod<br />

bei meinem Vetter auff seinen land gutern ungehindert alles arbeiten. Denn freie Lufft ist<br />

mir da zu am nothigsten. Und sie hatten allezeit früchte in einem laborirn. Ich bin willens<br />

auch meine centurias observationum physicarum et medicarum aus zu geeben. Darin Sie<br />

sehen werden was vor correspondenz ich mir die 10 jahr über die ich in Holland und 30<br />

England geweesen gemacht auch die MSS. so ich mit großen Kosten colligiret habe.<br />

A Son Excellence M r le Baron de <strong>Leibniz</strong> Conseiller de Son Alt. Electorale de Hannover<br />

à Berlin<br />

29. 11. <strong>20</strong>06

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