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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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Annas Vater (Jahrgang 46) ist “sein ganzes Leben in Mainz gewesen.” In Mainz<br />

hat er auch Mathematik und Physik auf Lehramt studiert. Seit seinem Abschluss<br />

arbeitet er als Lehrer an einem Gymnasium in Mainz. Annas Vater ist Einzelkind.<br />

Sein Vater, ein Statiker, kommt ursprünglich aus Bulgarien, seine Mutter ist Deutsche.<br />

Die Frage, wie und wann sich ihre Eltern kennen gelernt haben, kann Anna<br />

nicht genau beantworten. Sie vermutet, dass sie sich aus der Tanzschule kennen.<br />

1971 heiraten Annas Eltern und bauen auf dem Grundstück der Eltern ihres<br />

Vaters ein weiteres Haus, in dem die Familie bis heute wohnt.<br />

Mit vier Jahren kommt Anna in einen evangelischen Kindergarten, obwohl sie<br />

katholisch ist. Zwei Jahre später geht sie dann in die Grundschule. Ihre<br />

Grundschulzeit hat sie vor allen Dingen als stressfreie Zeit in Erinnerung: “Das<br />

war das Paradies. Da war noch alles locker. Das einzige was ich in der<br />

Grundschule nie begriffen habe, waren die römischen Zahlen.” Anna erinnert<br />

sich daran, dass ihre Mutter in dieser Zeit einen grünen Fiat mit einem gelben<br />

Streifen fährt, mit dem ihre Mutter sie im Winter von der Schule abholt: “Es ist<br />

nicht selbstverständlich, dass sich eine Mutter so um ihre Kinder kümmert, wie<br />

es meine Mutter getan hat.” Nach vier Jahren Grundschulzeit wird Anna auf<br />

einem privaten, katholischen Gymnasium angemeldet, welches noch zwei Jahre<br />

vor ihrer Einschulung eine Mädchenschule gewesen war. Anna wollte damals<br />

lieber auf das GBS, ein städtisches Gymnasium insbesondere deshalb, weil die<br />

Mehrzahl ihrer Klassenkameraden dorthin wechselte: “Auf die katholische<br />

Schule kommt nicht jeder. Die Schule hat bis heute den Ruf als beste Schule in<br />

Mainz. Die Eltern müssen bei der Anmeldung darlegen, warum sie ihr Kind gerade<br />

auf eine konfessionelle Schule schicken wollen, und sie müssen spenden.<br />

Zum Beispiel Matthias, mein damals bester Freund, der hatte alles Einser auf<br />

dem Zeugnis, war aber nicht getauft. Das war der Grund warum er nicht genommen<br />

wurde. Das ist schon hart. Aber so ist das Leben (lacht). Ja, und so ist dann<br />

Matthias auf das GBS gekommen.”<br />

Den Wechsel auf das katholische Gymnasium erlebt Anna als Überforderung:<br />

“Ich habe damals zu Hause oft geweint. Alles war einfach zu viel für mich. Das<br />

war wie von 0 auf 100 in einer Sekunde.” Annas Eltern und auch ihr älterer<br />

Bruder betreuen in der Folge nachmittags ihre Hausaufgaben und helfen ihr den<br />

Schulstoff zu bewältigen. Anna schreibt im nachhinein der Unterstützung ihrer<br />

Familie einerseits einen entscheidenden Anteil an ihrem Schulerfolg zu: “Ohne<br />

meine Eltern hätte ich die Schule sicherlich nicht geschafft,” andererseits betont<br />

sie aber auch die persönlichen Implikationen, die das Verhalten ihrer Eltern mit<br />

sich zog: “Ich war nicht selbständig. Es wurde sich immer um mich gekümmert<br />

und wenn es nur das Abholen im Winter war.”<br />

Anna lebt sich mit der Zeit, nachdem sie ihre anfänglichen Startschwierigkeiten<br />

überwunden hat, in der Schule ein: “Und dann nahm das Schicksal<br />

seinen Lauf, auf einer Schule, die mich sehr geprägt hat.” Anna beschreibt sich<br />

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