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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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Die Konzeption wurde an ausführlichen Beispielen aus dem SOSTRIS-Projekt<br />

erläutert (Social Strategies in Risk Societies, University of East London,<br />

Chamberlayne & Rustin, 1999, www.uel.ac.uk/bisp). Forschergruppen aus sechs<br />

europäischen Ländern sammelten 250 Interviews zur Frage der sozialen Ausgliederung,<br />

u. a. bei vorzeitigem Ruhestand, alleinstehender Elternschaft, Minoritäten<br />

und Asylanten, Jugendlichen ohne Qualifikation. Deshalb bestanden hier<br />

von vornherein spezielle Fragestellungen, und es wurden Vergleiche und Verallgemeinerungen<br />

angestrebt. Wengraf bezog sich dabei u. a. auf methodische<br />

Anregungen von Rosenthal (1995) und Fischer-Rosenthal (2000), Institut für<br />

Qualitative Sozialforschung QUATEXT in Berlin.<br />

Wengraf (2001, S. 3) bestimmte das Interview als Forschungsinterview, das<br />

primär auf Wissenserwerb angelegt ist. Dies geschieht in einer speziellen Art von<br />

Gespräch und Interaktion und muss wie andere Forschungsmethoden geplant<br />

und vorbereitet werden. Absichtlich werden aber nur Teile vorbereitet, andere<br />

Teile müssen vom Interviewer improvisiert werden. Das Interview entsteht als<br />

eine Koproduktion von Interviewer und Informantem (Teilnehmer). Es soll in die<br />

Tiefe gehen. Tiefe ersetzt hier den Begriff der Breite und bezieht sich nicht auf<br />

unbewusste Prozesse bzw. psychoanalytische <strong>Interpretation</strong>sversuche.<br />

Zunächst sind die Wissensbezüge zu klären – und methodisch zu entflechten.<br />

Welche Inferenzen ermöglicht das Transskript eines Interviews: über den Informanten,<br />

z. B. seinen Bezug zu einer anderen Person, über das Interview als Interaktionsprozess,<br />

über den Diskurs (Gesprächsstil) des Informanten, über seine<br />

subjektive Welt und seine Strategien?<br />

Für das Interview wird eine konsequente Unterscheidung zwischen den leitenden<br />

Theorie-Fragen und den praktischen Interview-Fragen empfohlen. Eine<br />

genaue Vorbereitung ist unerlässlich, um die Theoriefragen zum Thema zusammenzustellen<br />

und die zugehörigen Interviewfragen zu entwickeln. Die allgemeine<br />

Strategie und einige der Regeln und praktischen Hinweise für das halb-strukturierte<br />

Interviews wurden bereits im Abschnitt 5.2 dargestellt.<br />

Wengraf (2001) unterschied mehrere mögliche Sequenzen solcher Fragen bzw.<br />

Interviewelemente, die sich für verschiedene Ziele eignen. Auswahlentscheidungen<br />

sind auch hinsichtlich des Materials und der Personenauswahl (Sampling)<br />

notwendig.<br />

Die Biographic-Narrative Interpretative Method BNIM besteht in einem<br />

Interview mit drei Abschnitten: einer anfänglichen Erzählung zu biographischen<br />

Themen; weiteren Erzählungen zu diesen Themen, die aufgrund einer ersten<br />

Auswertung gezielter möglich sind und aus strukturierten Fragen nach einer<br />

gründlicheren Auswertung. In der weiteren Darstellung der Auswertung und<br />

<strong>Interpretation</strong> wird immer wieder betont, dass es um Antworten auf theoriebezogene<br />

Fragen geht. Auf diese speziellen Fragestellungen wird hier deswegen nicht<br />

eingegangen.<br />

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