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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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Merkmalen abhängt und durch formale Kunstgriffe gesteigert oder verringert<br />

werden kann. Form und Inhalt eines Textes bzw. einer Kommunikation geben<br />

Informationen bzw. adressierte Nachrichten von einem Autor (Sender) an einen<br />

Empfänger. Für diese Informationsübertragung zwischen Lebewesen wird<br />

ein reziproker bzw. interaktiver Prozess (in der sozialen Kommunikation) als<br />

typisch angesehen, doch sind in der maschinellen und elektronischen Nachrichtenübermittlung<br />

hinsichtlich Rückkopplung und adaptivem Lernen manche<br />

Entsprechungen zu erkennen. Über Inhalt und Form hinaus kann ein Text einen<br />

Gehalt oder (tieferen) Sinn haben. Mit Sinn ist hier mehr gemeint als die<br />

Summe der denotativen und konnotativen Bedeutungen der einzelnen Wörter<br />

und mehr als die Summe der in bit oder MegaByte zählbaren Informationspartikel.<br />

Aus pragmatischer und psychologischer Sicht besteht der Sinn eines Textes<br />

nicht unabhängig von den Autoren und Lesern. Der Sinn wird vom Leser durch<br />

Selektion und Inferenz erfasst. Es ist ein – unter vielen Möglichkeiten – für sein<br />

individuelles Erleben, Wahrnehmen und Handeln aktualisiertes Bedeutungsmuster.<br />

Auch dies bleibt letztlich eine Abstraktion, denn der Raum der möglichen<br />

Sinngebungen wird durch Form und Inhalt des Textes, durch die<br />

Neuigkeit oder Redundanz der Informationen und natürlich durch die beiderseitigen<br />

Absichten der Kommunikation begrenzt.<br />

Die hier genannten traditionellen Begriffe wie Form, Inhalt, Gehalt und Sinn,<br />

sind unscharf und vieldeutig. In einer praxisbezogenen <strong>Interpretation</strong>slehre müssen<br />

sie unbedingt durch Strategien und Regelsysteme ergänzt werden, wie es in<br />

den einzelnen Kapiteln des Buches ausschnittweise dargestellt ist.<br />

8.4 Verschiedene Ansätze der Text- und Inhaltsanalyse<br />

Literaturwissenschaftliche <strong>Interpretation</strong><br />

Auf die Textanalyse aus literaturwissenschaftlicher Sicht wird hier nur kurz eingegangen.<br />

Für dieses Fach ist es die grundlegende Methodik und entsprechend<br />

umfangreich sind die theoretischen und methodischen Diskussionen. Die<br />

Absichten unterscheiden sich jedoch von denen der empirischen Psychologie so<br />

offensichtlich, dass wahrscheinlich über die fundamentalen Positionen hinaus in<br />

den Einzelheiten nur wenig methodische Gemeinsamkeiten bestehen werden. Es<br />

gibt jedoch eine gemeinsame Tradition der Literaturwissenschaften und der verstehend-geisteswissenschaftlich<br />

orientierten Psychologie in der hermeneutischen<br />

und phänomenologischen Methode (siehe auch Kapitel 12).<br />

Schon Gomperz (1939/1992) hatte in seinen Ausführungen über die <strong>Interpretation</strong><br />

von Texten und von Handlungen fünf hauptsächliche Perspektiven und<br />

Strategien hervorgehoben: Die eigene Darstellung des Autors, die Absicht des<br />

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