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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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Kommunikative Validierung<br />

Als ungewöhnlich kann der Vorschlag der kommunikativen Validierung (u. a.<br />

Heinze & Thiemann, 1982) angesehen werden, wobei Untersucher und<br />

Untersuchte in einem gleichberechtigten Diskurs – ähnlich wie in der Aktionsforschung<br />

– eine Einigung erreichen sollen. Auch hier gibt es ältere Vorbilder, u.<br />

a. in der von Freud entwickelten gemeinsamen Deutearbeit von Therapeut und<br />

Analysand in der Psychoanalyse.<br />

Devereux (1998) behauptete, dass die Persönlichkeit des Wahrnehmenden<br />

(Interviewers) die Wahrnehmung einer Situation radikal beeinflusst. Die<br />

Gefühle, die der Befragte in dem Interviewer auslöst, sollen nicht ignoriert werden<br />

oder als Störungen der Erhebung angesehen werden, sondern als aufschlussreiche,<br />

besonders wichtige Daten und wesentliche Zusatzinformationen. Ihre<br />

Bewusstmachung sei eine wesentliche Erkenntnisquelle. Devereux meinte dies<br />

im psychoanalytischen Sinn von Übertragung und Gegenübertragung. Diese<br />

Selbstreflexivität könnte stärker in den Forschungsprozess einbezogen werden<br />

(Muckel, 1996).<br />

Legewie (1987) schilderte, wie sich die Gültigkeitsprobleme theoretisch angehen<br />

lassen könnten. Er bezog sich auf die Konsenstheorie von Habermas und<br />

skizzierte zwei Möglichkeiten einer auf rationalem Konsens beruhenden<br />

Validierung. Für die “konsensuelle Validierung” soll es zwei Wege geben: “Der<br />

Interpret diskutiert seine Hypothesen und Ergebnisse in einer Forschergruppe,<br />

die gleichzeitig die Funktion einer Supervision besitzt...”. “Die Hypothesen und<br />

Ergebnisse der <strong>Interpretation</strong> werden nach dem Modell der dialogischen Forschung<br />

mit dem Interviewten diskutiert...” (1987, S. 149). Nähere Einzelheiten<br />

der gedachten Methodik fehlen. Fortschritte erwartete Legewie durch eine künftige,<br />

also bisher noch fehlende Grundlagenforschung zur Praxis der <strong>Interpretation</strong>.<br />

Die dialogische Methode (Dialog-Konsens-Methode) von Scheele und<br />

Groeben (1988) folgt einer der kommunikativen und konsensuellen Validierung<br />

ähnlichen Idee. Ein schwieriges Teilproblem ist hier der Umgang mit Divergenzen.<br />

Muss ein Konsens erreicht werden oder kann ein fruchtbarer oder auch<br />

verwirrender Dissens bestehen bleiben? Was wäre dann zu generalisieren? Wie<br />

verläuft der wechselseitige Prozess des Überzeugens hinsichtlich einer bestimmten<br />

<strong>Interpretation</strong>shypothese?<br />

<strong>Interpretation</strong>sgemeinschaft<br />

Eine Gruppe von kompetenten Auswertern in einem Projekt, eine Gruppe von<br />

noch unerfahrenen Personen während der Ausbildung oder das Plenum einer<br />

“Übung zur Inhaltsanalyse” bilden eine <strong>Interpretation</strong>sgemeinschaft. Alle<br />

Schritte eines <strong>Interpretation</strong>sprozesses von der Materialauswahl und Materialkritik<br />

über die heuristische Phase zu den schrittweisen methodenkritischen<br />

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